Hamburg. Viele Menschen müssen im Winter Vitamin D einnehmen. Wie lange es dauert, bis der Mangel behoben ist, hängt von bestimmten Faktoren ab.

In Deutschland kommt ein Vitamin-D-Mangel in den Wintermonaten häufig vor. Im Sommer kann der Körper zwar Vitamin-D-Reserven anlegen, doch häufig reichen diese nicht aus. Besonders Menschen in Norddeutschland sollten auf Vitamin D achten, warnt der Ernährungsmediziner Matthias Riedl. Doch neben dem Wohnort gibt es noch viele weitere Faktoren, die einen Mangel begünstigen können. Da auf Dauer ernste gesundheitliche Folgen drohen, müssen im Winter oft Nahrungsergänzungsmittel die körpereigene Vitamin-D-Bildung unterstützen.

Aber wie lange dauert es, bis ein Vitamin-D-Mangel behoben ist? Die kurze Antwort vorweg: Länger als man vermuten würde. Eine genaue Antwort darauf liefert der Mediziner Keihan Ahmadi-Simab.

Wie entsteht ein Vitamin-D-Mangel? 

Vitamin D hat zusammen mit Vitamin B3 ein Alleinstellungsmerkmal unter den Nährstoffen: Der Körper kann die beiden selbst herstellen und sie müssen nicht über die Nahrung aufgenommen werden. Die Bedingung beim Vitamin D: Für die Produktion braucht unser Körper ausreichend UV-B-Strahlen.

Wenn diese auf die Haut treffen, entsteht Vitamin D3, das von der Leber in der Speicherform Calcidiol oder 25(OH)D weiterverarbeitet wird. Damit kann der Körper Vitamin D im Fett- und Muskelgewebe anlegen. Zusätzlich wandelt die Niere ein Teil des Calcidiols in Calcitriol um – die aktive und sofort verfügbare Form von Vitamin D.

In unseren Breitengraden ist die körpereigene Bildung von Vitamin D nur zwischen März und Oktober möglich, erklärt das Robert Koch-Institut (RKI): In den Wintermonaten sei die UV-B-Strahlung in Mitteleuropa dafür nicht stark genug. Wenn der Körper genügend Vitamin D eingelagert hat, kann er diese Zeit mit Depots überbrücken. Doch bei vielen reichen diese nicht und es entsteht ein Mangel.

Ein höheres Risiko tragen laut RKI Personen, die

  • sich im Frühjahr und Sommer zu selten oder nur vollständig bedeckt im Freien aufhalten.
  • ein höheres Alter haben; der Körper bildet durch die dünnere Haut weniger Vitamin D.
  • eine chronische Magen-Darm-, Leber- oder Nierenerkrankung haben.
  • bestimmte Medikamente einnehmen, etwa Antiepileptika oder Zytostatika.
  • eine dunkle Hautfarbe haben, da diese weniger durchlässig für Vitamin D ist.
  • aufgrund von Schwangerschaft oder Stillzeit einen erhöhten Vitamin-D-Bedarf haben.

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Vitamin-D-Mangel: Das sind typische Symptome

Auf Dauer kann ein Vitamin-D-Mangel ernste Folgen haben, vor allem für die Knochen. Vitamin D ist unter anderem dazu da, Kalzium und Phosphat in die Knochen einzuschleusen, und kann bei einem chronischen Mangel zu Knochenschwund (Osteoporose) führen. Auch an verschiedenen Stoffwechselvorgängen ist Vitamin D beteiligt, sodass sich ein Mangel an verschiedenen Stellen des Körpers bemerkbar machen kann.

Ob tatsächlich ein Vitamin-D-Mangel vorliegt, kann ein Arzt bei Symptomen durch einen Bluttest ermitteln. Zu den häufigsten Symptomen zählen: 

  • Müdigkeit,
  • Kopfschmerzen,
  • Konzentrationsschwierigkeiten,
  • Schlafstörungen,
  • Knochen- und Muskelschmerzen,
  • Vermehrte Infektanfälligkeit,
  • Haarausfall,
  • Stimmungsschwankungen bis hin zu depressiven Verstimmungen.

Ab wann handelt es sich um einen Vitamin-D-Mangel? 

Der Vitamin-D-Serumspiegel wird gemessen, indem Calcidiol, die Vorläuferform des aktiven Vitamin D, im Blut bestimmt wird. Die Werte werden in nmol/l oder ng/ml angegeben.

Laut RKI gilt ein Wert von unter 30 nmol/l (12 ng/ml) als Hinweis auf eine mangelhafte Versorgung mit erhöhtem Erkrankungsrisiko. Eine suboptimale Versorgung liegt aber schon dann vor, wenn der Spiegel unter 50 nmol/l (20 ng/ml) fällt. Bereits dieser Wert kann Folgen für die Kochengesundheit haben.

Das RKI weist allerdings darauf hin, dass ein einmalig niedriger Wert nicht automatisch einen langfristigen Vitamin-D-Mangel bedeutet. Der Serumspiegel unterliege natürlichen Schwankungen, heißt es. Ein Mangel bestehe erst, wenn dem Körper über einen längeren Zeitraum Vitamin D fehle und Mangelerscheinungen auftreten. 

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Wie lange dauert es, bis ein Vitamin-D-Mangel behoben ist?

Lebensmittel mit Vitamin D können dabei helfen, einen Mangel auszugleichen – aber nur über die Ernährung lässt er sich nicht beseitigen. Für die Behandlung müssen hoch dosierte Präparate mit synthetischem Vitamin D zum Einsatz kommen, die nur mit einem ärztlichen Rezept in der Apotheke erhältlich sind. Aber wie lange braucht der Körper, um den Vitamin-D-Mangel auszugleichen?

„Bei einer Therapie mit gängigen Vitamin-D-Präparaten kann es oft etwa acht bis zwölf Wochen dauern, bis ein deutlicher Anstieg des Spiegels erreicht ist“, erklärt Keihan Ahmadi-Simab, Facharzt für Innere Medizin am Medizinicum Hamburg. Allerdings gilt dieser Zeitraum nicht für jeden.

Die Behandlungsdauer sei individuell unterschiedlich, sagt Ahmadi-Simab. Einfluss darauf haben ihm zufolge etwa die Schwere des Mangels und die verschriebene Dosis. Dabei gilt: Je niedriger die körpereigenen Reserven, desto länger die Behandlung.

Der Arzt Dr. Ahmadi-Simab
Dr. Ahmadi-Simab ist seit 2014 ärztlicher Direktor des Medizinicum Hamburg. Er ist Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie, Klinische Immunologie und Gastroenterologie. © Medizinicum Hamburg

Mediziner erklärt: Menschen mit Übergewicht brauchen mehr Vitamin D

Ein Mangel ließe sich durch höhere Dosierungen schneller beheben, so der Mediziner: „Allerdings sollte dies stets unter ärztlicher Aufsicht geschehen, da zu hohe Dosen über längere Zeit schädlich sein können.“ So kann ein Vitamin-D-Überschuss unter anderem den Kalzium-Spiegel im Blut erhöhen und damit zu einem höheren Risiko für Nierenschäden und Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen.

Daneben spiele auch die Aufnahmefähigkeit des Körpers eine Rolle bei der Behandlungsdauer: „Manche Menschen nehmen Vitamin D aufgrund von Darmproblemen, bestimmten Medikamenten oder genetischen Faktoren schlechter auf“, sagt Ahmadi-Simab. Auch Körpergewicht und der körpereigene Fettanteil können den Vitamin-D-Ausgleich erschweren.

„Vitamin D ist fettlöslich und kann sich in Fettgewebe anreichern“, erklärt der Experte. Das könne den Vitamin-D-Anstieg im Blut verlangsamen. Die Folge: Bei Menschen mit höherem Körperfettanteil müssen oft höhere Dosierungen zum Einsatz kommen.

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Wie lange muss ich Vitamin D einnehmen?  

Es kann bis zu drei Monate dauern, bis ein Vitamin-D-Mangel behoben ist. So lange muss das Präparat mindestens eingenommen werden. In manchen Fällen sei es notwendig, auch darüber hinaus zu Vitamin-D-Tabletten zu greifen, sagt Ahmadi-Simab. „Es kommt darauf an, wo der Mensch lebt“, so der Mediziner. „Im Norden empfehlen wir eine durchgehende Einnahme von Vitamin D, da das Sonnenlicht in Norddeutschland nicht für die Produktion ausreicht.“

Überdosierung möglich: Vitamin D nicht eigenmächtig einnehmen

Vitamin D sollte immer nur in Absprache mit einem Arzt eingenommen werden. Wer Nahrungsergänzungsmittel eigenmächtig einnimmt, riskiert eine Überdosierung und Vergiftungserscheinungen. Im Gegensatz zu wasserlöslichen Nährstoffen, die der Körper bei einem Überschuss ausscheiden kann, wird Vitamin D im Körper gespeichert und kann sich bei Überdosierung anreichern.

Zu den möglichen kurzfristigen Folgen gehören Bauchkrämpfe, Übelkeit und Erbrechen. Eine starke Überdosierung kann allerdings mit Herzrhythmusstörungen und Nierenschäden einhergehen und in sehr seltenen Fällen tödlich enden. Frei verkäufliche Präparate enthalten zwar vergleichsweise geringe Einzeldosen, allerdings kann eine falsche Anwendung auch hier in einer Überdosierung enden.

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