Flut von Bewerbern aus Serbien und Mazedonien. Innenministerium will Leistungen kürzen. Heftige Debatte um Asylmissbrauch.
Hamburg. Auslöser ist in erster Linie der große Andrang von Menschen aus Serbien und Mazedonien: Im September ist die Zahl der Asylbewerber in Hamburg sprunghaft gestiegen. Insgesamt seien 305 Erstanträge auf Asyl gestellt worden, sagte Frank Reschreiter, Sprecher der Innenbehörde, dem Abendblatt. Davon stammten allein 124 aus den beiden Balkanstaaten. Im August hatte die Gesamtzahl der Erstanträge auf Asyl noch bei 216 gelegen.
Damit zeigt sich auch in Hamburg eine Entwicklung, die bundesweit bereits zu einer heftigen Debatte um Asylmissbrauch geführt hat: Nach Angaben des Bundesinnenministeriums zählte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im September 6691 Asylanträge. Die meisten Bewerber - gut ein Drittel - kamen aus Serbien und Mazedonien.
Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) beklagte am Wochenende, dass dort in einigen Regionen die Zuwanderung richtiggehend organisiert werde. Viele Bewerber sagten bei der Aufnahme ganz offen, dass sie nach Deutschland kämen, weil sie gehört hätten, dass es jetzt mehr Geld gibt. "Das ist klarer Asylmissbrauch. Ganze Dörfer kommen", sagte der Politiker. Experten zufolge werben in Mazedonien und Serbien "Vermittlungsagenturen" vermehrt dafür, in Deutschland Asyl zu beantragen. So soll es reichlich Sonderfahrten von Bussen mit Asylbewerbern aus den Balkanländern nach Deutschland und Skandinavien geben.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) kündigte am Wochenende an, er wolle Zahlungen für Asylbewerber aus Serbien und Mazedonien kürzen. Wer aus solchen sicheren Staaten komme, solle in Zukunft weniger Geld bar ausbezahlt bekommen, sagte der Minister der "Bild". Asylverfahren sollten beschleunigt und unberechtigte Bewerber zügig heimgeschickt werden. Ferner solle die Visumfreiheit für die beiden Balkanländer ausgesetzt werden, sagte Friedrich.
Der Sprecher der Hamburger Innenbehörde verwies darauf, dass in Hamburg üblicherweise die meisten Asylbewerber aus Afghanistan kämen. Deren Zahl habe im September bei 62 gelegen. "Ein konstanter Wert", sagte Reschreiter.
Bei den Anträgen von Bürgern aus Serbien und Mazedonien sehe dies hingegen anders aus. Von Januar bis einschließlich August hätten 185 Menschen aus diesen beiden Ländern einen Antrag auf Asyl gestellt. Im vergleichbaren Zeitraum des vergangenen Jahres seien es erst 86 Bewerber gewesen.
Die Aussicht, dass hierzulande ein von Bürgern aus Serbien und Mazedonien gestellter Antrag auf Asyl akzeptiert wird, ist allerdings gering. Bislang liegt die Ablehnungsquote bei mehr als 90 Prozent. Wie Journalisten aus den beiden Balkanländern berichten, gilt Deutschland neben Schweden und Frankreich dennoch als ein Land, in dem es sich lohne, einen Asylantrag zu stellen. Während der Antrag laufe, erhielten Asylbewerber in Deutschland staatliche Leistungen in Höhe von 346 Euro für einen Erwachsenen plus Wohnung. Der Durchschnittslohn in Serbien liege bei rund 400 Euro. Nicht zuletzt locke die gesundheitliche Versorgung in Deutschland, die Asylbewerber in Anspruch nehmen könnten.