Die Eurokrise sorgt für einen Ansturm auf Deutschkurse. Private Kursanbieter und Volkshochschulen verzeichnen starke Zuwächse.

Hamburg/Berlin/München. Immer mehr Migranten in Hamburg wollen Deutsch lernen. Gab es 2007 gut 6.000 Anmeldungen für Deutschkurse an Volkshochschulen, waren es 2011 mehr als 8.000, wie die Leiterin der Abteilung Deutsch als Fremdsprache der Hamburger Volkshochschulen, Angelina Stern, sagte. Nach ihrer Einschätzung gebe es mehr Teilnehmer aus Euro-Krisenstaaten. Für 2012 rechne sie sogar mit mehr als 8.500 Anmeldungen. Allerdings würden die Volkshochschulen nicht die Herkunftsländer der Teilnehmer erfassen.

Bundesweit wertet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Herkunftsländer der Teilnehmer am Allgemeinen Integrationskurs, der einen Sprachkurs beinhaltet, aus. Zwei Drittel dieser Kurse finden an Volkshochschulen statt. Die Anzahl der neuen Teilnehmer aus Euro-Krisenstaaten stieg erheblich an: Griechische Staatsbürger etwa machten im ersten Quartal 2012 einen Anteil von 3,2 Prozent aus, was Platz sechs unter den Nationalitäten entspricht. Im Gesamtjahr 2011 waren es 1,5 Prozent und der 17. Rang.

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Auch in den südeuropäischen Ländern gibt es einen Ansturm auf Deutschkurse. „Die Nachfrage ist so hoch, dass die Kollegen in den Instituten in den betroffenen Ländern rotieren“, sagte eine Sprecherin des Goethe-Institutes. Unter anderem in Spanien, Italien und Portugal habe man zusätzliche Deutschkurse einrichten müssen. Auch in Deutschland stellen Volkshochschulen, private Kursanbieter und Goethe-Institute einen Zuwachs an südeuropäischen, meist jungen und gut ausgebildeten Deutschschülern fest, wie eine Umfrage ergab.

Von einer „riesigen Entwicklung“ spricht Berthold Franke, der Regionalleiter Südwesteuropa des Goethe-Instituts. Um 80 Prozent sei die Nachfrage nach Deutschkursen in Spanien ab 2010 gestiegen - obwohl es schon zuvor „gute Zahlen“ gegeben habe. „Wir sprechen mit unseren Kunden und stellen fest: Der Anstieg ist zurückzuführen auf junge, gut ausgebildete Menschen, die auf den deutschen Arbeitsmarkt blicken“, sagte Franke.

Auch für die anderen Eurokrisenländer ergeben aktuelle Statistiken des Goethe-Instituts ein eindeutiges Bild: Um 18 Prozent stiegen den Angaben zufolge alleine im laufenden Jahr die Anmeldungszahlen für die institutseigenen Deutschkurse in Italien. Für Griechenland weisen die Statistiken ein Plus von knapp 10 Prozent in 2011 aus, für Portugal eines von 20 Prozent.

Zuwächse verzeichnen aber auch die Anbieter von Deutschkursen im Inland. An den Volkshochschulen (VHS) ist vor allem in den alten Bundesländern ein Zustrom an Deutschschülern aus Spanien, aber auch aus Griechenland, Portugal und Italien festzustellen, so das Ergebnis einer stichprobenartigen dapd-Umfrage. Ein Großteil der befragten Volkshochschulen in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Bremen, Berlin, sowie Vertreter der VHS-Landesverbände von Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Schleswig-Holstein berichteten von einer entsprechenden Tendenz.

So sprach eine Vertreterin der VHS Köln von einem „Boom“ bei Integrations- und Sprachkursen. Unter den Kursteilnehmern befänden sich viele Spanier, aber auch Griechen. Christina Bruhn vom Verband der Volkshochschulen in Schleswig-Holstein sagte, sie „habe den Eindruck, dass gerade viele junge, gebildete Spanier kommen, die zu Hause offensichtlich keine Arbeit finden“. Volkshochschulen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg berichteten hingegen kaum von einem Plus bei Sprachkursteilnehmern aus den südeuropäischen Ländern.

Ein positives Saldo zeigen auch die Zahlen des Goethe-Instituts für die institutseigenen Sprachkurse im Inland: Von Januar bis August 2012 haben sich demnach 2.371 spanische Staatsbürger für einen Deutschkurs angemeldet. Im Jahr 2010 waren es noch 1.824 – im gesamten Kalenderjahr.

Und auch private Kursanbieter registrieren Zuwächse: „Wir haben eine verstärkte Nachfrage nach Deutschkursen, gerade von Menschen aus Spanien und Italien“, sagte ein Sprecher des Verbandes Deutscher Privatschulverbände (VDP). Gefragt seien insbesondere berufsbezogene Sprachkurse – auch in diesen seien in den letzten sechs Monaten verstärkt spanische Teilnehmer zu finden gewesen.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erfasst die Teilnehmerzahlen am „Allgemeinen Integrationskurs“ für Migranten. Die Anzahl der Neuteilnehmer aus Euro-Krisenstaaten sei bei diesem Kurs stark angestiegen: Griechische Staatsbürger machten im ersten Quartal 2012 einen Anteil von 3,2 Prozent aus, was Platz sechs unter den Nationalitäten entspricht. 2011 waren es noch 1,5 Prozent und der 17. Rang. Die Italiener steigerten sich im gleichen Zeitraum vom 15. auf den 10. Platz und von 1,9 auf 2,7 Prozent.

Von einem ungebrochenen Interesse junger Griechen an Sprach- und Studienaufenthalten in Deutschland berichtet auch Alexander Roggenkamp von der Informationsstelle des Deutschen Akademischen Auslandsdienstes (DAAD) in Athen. „Die Nachfrage nach Stipendien für Sprach-, Forschungs- und Studienaufenthalte in Deutschland hat sich in diesem Jahr verdoppelt“, sagte er.

Viele junge Griechen erkundigen sich laut Roggenkamp beim DAAD auch nach Arbeitsmöglichkeiten. Ressentiments gebe es von griechischer Seite kaum. Die Grundfesten der deutsch-griechischen Beziehungen seien nach wie vor intakt, folgerte Roggenkamp – auch wenn „in der tagespolitischen Debatte viel Porzellan zerschlagen wurde“.

Mit Material von dapd

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