Die EU will die CO2-Bilanz von Biokraftstoffen stärker überprüfen. Möglich ist sogar ein komplettes Förderverbot. Umweltverbände jubeln.
Brüssel. Der Einsatz von Biokraftstoff soll laut EU-Kommission künftig stark eingeschränkt werden. Das geht aus einem internen Papier der Kommission hervor. Biokraftstoffe könnten dem Klima schaden und Lebensmittelknappheit verschärfen, heißt es darin. Möglich ist demnach auch ein komplettes Förderverbot für bestimmte Biokraftstoffarten ab 2020. Darauf haben sich die entsprechenden Fachabteilungen von EU-Energiekommissar Günther Oettinger und von Klimakommissarin Connie Hedegaard geeinigt. In Zukunft sollen laut einer Sprecherin der Kommission "nur noch solche Biokraftstoffe angebaut und produziert werden, die eine bessere CO2-Bilanz als andere haben". Das solle mit einem neuen Gesetzespaket erreicht werden, das die EU-Kommission im Oktober vorlegen wolle. Zu den inhaltlichen Details wollte sich die Sprecherin nicht offiziell äußern. Damit er in Kraft treten kann, müssen EU-Staaten und Europaparlament zustimmen.
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Hintergrund ist die umstrittene Klimabilanz mancher Pflanzenrohstoffe, die zwar bei der Verbrennung eine vergleichsweise günstige CO2-Bilanz aufweisen. Blockieren sie aber zum Beispiel Ackerflächen, auf denen früher Getreide als Nahrungsmittel angebaut wurde, kann dies die Einsparung an Kohlendioxid-Ausstoß zunichtemachen.
In Deutschland hatte jüngst Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) wegen der aktuell hohen Getreidepreise für einen Verkaufsstopp beim Biosprit E10 geworben und dies auch auf EU-Ebene thematisiert. Umweltschützer fordern schon lange eine Kehrtwende, da es keinen positiven Nutzen durch mehr Biosprit gebe. In Deutschland war zudem eine "Tank oder Teller“-Debatte entbrannt.
Da Prognosen von einer wachsenden Lebensmittelknappheit in den nächsten Jahrzehnten ausgehen, will auch die EU-Kommission nun den Gebrauch der Pflanzen zur Energieerzeugung einschränken. Dem Papier zufolge sollen im Jahr 2020 höchstens fünf Prozent aller Treibstoffe im Verkehr aus Biokraftstoffen aus Nahrungspflanzen kommen. Dies wäre eine Halbierung des bisher geltenden Ziels von zehn Prozent.
Zudem fürchtet die Brüsseler Behörde, dass für den Anbau von Energiepflanzen zum Beispiel klimafreundliche Waldflächen weichen könnten. Damit verbundene Treibhausgasemissionen seien „erheblich, und könnten einige oder alle Treibhausgas-Ersparungen zunichtemachen“, heißt es in dem Entwurf. Diese indirekten Effekte will die Kommission bei der Berechnung der Klimafreundlichkeit von Antriebsstoffen künftig berücksichtigen. Die Autoren des Papiers denken zudem über ein Förderverbot klimaschädlicher Biotreibstoffe nach dem Jahr 2020 nach.
Greenpeace-Agrarexperte Martin Hofstetter begrüßte den EU-Vorstoß: „Das ist ein Durchbruch. Endlich gibt auch die EU-Kommission offiziell zu: Agrosprit aus Palmöl und Sojaöl gefährdet das Klima.“ Um das Klima zu schonen und weg von fossilem Öl zu kommen, brauche man strenge Emissionsgrenzwerte und spritsparende Autos. Der Verband der Biokraftstoffindustrie kritisierte das Vorhaben scharf: „Der heute bekanntgewordene Vorschlag der Europäischen Kommission zur Gesetzgebung für Biokraftstoffe wäre ein herber Rückschlag für die deutsche Energiewende im Verkehrsbereich“, sagte Geschäftsführer Elmar Baumann. Er forderte die Bundesregierung auf, gegen die von der Kommission vorgesehenen Änderungen aktiv zu werden.
Mit Material von dpa und dapd