Hamburg. Die Sicherheitsbehörden sind derzeit sehr beunruhigt - weltweit. Innenstaatssekretär August Hanning verglich die Situation vor einer Woche mit der diffusen Bedrohungslage vor dem 11. September 2001. "Die schweren Vorkommnisse in Großbritannien zeigen, dass die Warnungen aller Experten seit Monaten zutreffend sind", sah sich Innenminister Wolfgang Schäuble gestern bestätigt.

Grell blitzte die Terrorgefahr wieder auf. Eigentlich vorhersehbar, aber nicht vermeidbar. Islamistische Terroristen hinterlassen inzwischen weltweit eine Handschrift mit Wiedererkennungswert. Denn dass diese Anschläge nur zwei Tage nach dem Amtsantritt des neuen britischen Premiers Gordon Brown passieren sollten, ist kein Zufall. Es ist vielmehr das Zeichen an den Nachfolger Tony Blairs, dessen strikte Gefolgschaft zu den USA im Irakkrieg zu überdenken.

Anstehende Regierungswechsel oder große Regierungsentscheidungen im Zusammenhang mit Irak- oder Afghanistan-Einsätzen gelten den Islamisten seit den Anschlägen von Madrid vor drei Jahren als geeignete Anschlagszeitpunkte. Drei Tage nachdem in vier Zügen zehn Bomben explodierten und 191 Menschen in den Tod rissen, gaben die Spanier bei den Parlamentswahlen den bis dahin abgeschlagenen Sozialisten die meisten Stimmen. Nur aus einem Grund: Sie waren gegen den Einsatz der spanischen Armee im Irak.

Auch deswegen hält der Chef des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, in Deutschland die Anschlagsgefahr für so hoch wie in den USA und Kanada. Bis Oktober muss der Bundestag die Afghanistan-Mandate für die Bundeswehr verlängern. Eine kritische Phase. Aus dem Bundesinnenministerium hieß es zwar, die Sicherheitslage habe sich durch die Ereignisse in Großbritannien nicht verändert, aber die Sicherheitsmaßnahmen wurden erst vor 14 Tagen erhöht. Grund dafür war ein Video der Taliban, das eine Art Abschlussfeier für Selbstmordattentäter zeigt. Einige wollten sich auch auf den Weg nach Deutschland machen. Außerdem wurden drei Islamisten mit deutschem Pass in Pakistan festgenommen. Möglicherweise sollten sie mit tödlichen Aufträgen nach Deutschland zurückkehren.

Vor dieser neuen Gruppe warnte auch Lord Stevens, Ex-Chef von Scotland Yard und Browns Terrorismus-Sonderberater. Die Hauptgefahr gehe von professionellen Al-Qaida-Killern aus, nicht mehr von den radikalisierten Kindern islamischer Einwanderer. Die Taktik von Bagdad sei nach London importiert worden. Diese neue Handschrift hat Stevens am Wochenende erkannt.