Vor dem Energietreffen im Kanzleramt fordern Unternehmer und Gewerkschaften bezahlbare Strompreise und Subventionen.
Berlin/Düsseldorf/Bielefeld. Vor dem Energietreffen von Bundesregierung, Arbeitgebern und Gewerkschaften haben sich der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) und die Gewerkschaft Ver.di für bezahlbare Stromkosten auch für Kleinverbraucher ausgesprochen.
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"Wenn die Ausnahmeregelungen für die Industrie überhand nehmen, geht das auf Kosten der Bürger und des Mittelstands. Das gefährdet den Rückhalt in der Bevölkerung für den notwendigen Umbau des Energiesystems", sagte VKU-Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Reck. Er plädierte dafür, das derzeitige Energiemarktdesign an die veränderten strukturellen und technischen Bedingungen anzupassen. Dabei dürfen die Energiekosten für Kleinverbraucher und den wirtschaftlichen Mittelstand nicht unangemessen steigen.
Erhard Ott, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Verdi, hat einen Sozialausgleich für steigende Strompreise gefordert. „Angesichts der höheren Investitionen, die den Unternehmen entstehen, rechnen wir mit einer Erhöhung der Strompreise“, sagte Ott der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“. Um noch höhere Belastungen für Menschen mit sehr geringen Einkommen zu vermeiden, müsste eine Erhöhung der Sozialleistungen erfolgen.
Auch die Sozialverbände fordern eine gerechtere Lastenverteilung. Es dürfe nicht sein, dass bei den Unternehmen großzügige Ausnahmen beim Strompreis gemacht würden, während Privatkunden alles zahlen müssten, sagte die Chefin des Sozialverbandes VdK, Ulrike Mascher: „Wir müssen über Sozial- und Familientarife beim Strom nachdenken, die sich nach Einkommen und Größe der Haushalte richten.“
NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) sprach sich für eine Überprüfung der Stromsubventionen für Unternehmen aus. Der Kreis derer, die beim Strom subventioniert würden, sei zu weit gezogen, sagte Duin der in Bielefeld erscheinenden „Neuen Westfälischen“ (Dienstagausgabe). Den müsse man zurückschrauben auf 600 Unternehmen, die mit ihren Produkten tatsächlich im Wettbewerb stehen. An der Entlastung von Industrien, die besonders viele Strom verbrauchen, wolle er jedoch grundsätzlich festhalten, sagte Duin. Er wolle „nicht zusehen, wie energieintensive Unternehmen das Land verlassen, weil es Strom zum Beispiel in Kanada fast zum Nulltarif gibt“.
Aus Sicht des VKU müssen dringend Lösungen erarbeitet werden, wie die beiden Märkte – der für Grünstrom und der für konventionellen Strom – zusammengebracht werden können. „Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) war ein Garant für die Markteinführung erneuerbarer Energien und hat seine Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Jetzt brauchen wir ein neues einheitliches Energiemarktkonzept, das der gesamten Energiewirtschaft ausreichend Planungs- und Investitionssicherheit bietet“, so Reck.
Notwendig seien vor allem Anreize für Investitionen in mehr Versorgungssicherheit. In den vergangenen Jahren sei es im Markt zu einer Schieflage gekommen. Denn auch Investitionen in konventionelle Anlagen und Speicher müssten sich zukünftig lohnen. „Diese sind für die Versorgungssicherheit grundlegend, falls zeitweise wenig Strom aus erneuerbaren Energien eingespeist werden kann. Dieser Umstand wird uns noch auf Jahre hin begleiten.“ Reck warnt jedoch davor, die Probleme isoliert zu betrachten. „Das EEG umzugestalten, ist nur ein Teil der notwendigen Neuerungen.“
Um die Strompreissteigerung für Verbraucher moderat zu halten, müsse außerdem die Energieeffizienz beim Verbraucher gesteigert werden. „Auch die privaten Haushalte können ihre Energiekosten eindämmen, indem sie intelligent Energie sparen. Kommunale Unternehmen sind nah am Bürger und helfen ihren Kunden beim Energiesparen. Die meisten Stadtwerke führen bereits Beratungen durch, wie das am besten gelingt“, so Reck. Einen Sozialtarif für Kunden in ökonomischen Zwangslagen lehnt der VKU jedoch ab. Reck: „Energiepolitik darf nicht mit Sozialpolitik vermischt werden.“
Reck abschließend: „Die Kommunalwirtschaft ist wichtiger Bestandteil bei der Umsetzung der Energiewende in Deutschland. Deshalb brauchen wir energiepolitische Rahmenbedingungen, die dezentrale Strukturen fördern und die Modernisierung der lokalen Stromnetze erlauben. Sie sind das Rückgrat der notwendigen Umstrukturierung des deutschen Energiesystems.“
Mit Material von epd