Die Öffnung von Grenzen ist für mich das prägende Bild von Europa. Jedes Mal, wenn ein europäischer Staat dem Schengener Abkommen beitrat, zeigten die Bilder in den Medien die sinnlos gewordenen Schlagbäume an den Grenzen, die ein letztes Mal hochgingen und dann oben blieben.
Hamburg. 1985 waren es erst fünf, jetzt sind es 28 Staaten, die durch die offenen Grenzen demonstrieren, dass sie trotz aller Kriege in den vergangenen Jahrhunderten zusammengehören. Die Zukunft Europas hängt daran, dass wir manche noch bestehenden Grenzen in den Köpfen überwinden. Ich stelle mir vor, dass in fünf, zehn - hoffentlich nicht erst in fünfzig Jahren - der europäische Gemeinschaftsgedanke so weit gekommen ist, dass wir für die drängenden Probleme der globalisierten Welt wirksame Antworten haben. Ich stelle mir beispielsweise vor, dass wir als europäische Gemeinschaft gerecht und solidarisch Flüchtlinge und Migranten aus aller Welt aufnehmen werden. Oder dass wir als europäische Bürgerinnen und Bürger sagen können: wir haben unsere christliche Verantwortung gegenüber allen armen, hungernden und von Gewalt bedrohten Menschen wahrgenommen. Was die weltweiten christlichen Kirchen 1983 als konziliaren Prozess formuliert haben, sind auch für das Europa von heute die zukunftsweisenden Aufgaben: Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.