Es waren kostbare Stunden für Angela Merkel, Horst Seehofer und Guido Westerwelle am Sonnabend. Ab dem Augenblick der Wiederwahl Horst Köhlers erschien die Republik für kurze Zeit wieder im schwarz-gelben Gewand.
Berlin
Und die Hauptprotagonisten kosteten die Momentaufnahme ihrer Machtdemonstration weidlich aus: Kaum hatten die Parteivorsitzenden von CDU, CSU und FDP in der Bundesversammlung ihren bürgerlichen Schulterschluss erfolgreich geübt, präsentierten sie sich gemeinsam vor den Fernsehkameras, um "ein klares Signal für das, was wir vorhaben" (Seehofer), in die Welt zu senden. Die schwarz-gelbe Probevorstellung gefiel FDP-Chef Westerwelle noch am allermeisten. Er konnte gar nicht aufhören zu lächeln, als er später - neben dem Präsidentenpaar sitzend - am Brandenburger Tor Beethovens Ode an die Freude lauschte.
Westerwelle hatte es zuvor mal wieder allen gezeigt, dass er so viel Macht aufbringt, den Bundespräsidenten mitbestimmen zu können. Ein bisschen hatte der FDP-Chef wieder mitregiert an diesem Sonnabend, so wie schon einmal am 23. Mai 2004. Damals hatte er von einem "klaren politischen Signal" gesprochen, nachdem das bürgerliche Lager Köhler erstmals zum Staatsoberhaupt gekürt hatte. Zu dem Zeitpunkt regierte Rot-Grün, und die Union lag in Umfragen bei 50 Prozent, die FDP bei 6 Prozent. Die politische Stimmung galt als eindeutig, ein Machtwechsel war so gut wie ausgemacht. Das klare Signal, das Westerwelle in der Wahl Köhlers damals gesehen haben wollte, war indes keines. Heute wird Deutschland von einer Großen Koalition regiert, und die FDP opponiert noch immer.
Diesmal vermied Westerwelle die "Signal"-Formulierung. Offenbar aus gutem Grund: In der Sonntagsfrage steht die Union derzeit bei 36,5, und 13,5 Prozent der Bevölkerung sprechen sich für die FDP aus. Die jetzige Ausgangslage erinnert stark an die von 2004. Und das Ritual der Partner in spe, sich bereits auf die gemeinsame Regierung zu freuen, ist wieder dasselbe. Westerwelle und Merkel äußerten sich gleichwohl betont vorsichtig.
Aber dass die Euphorie wieder da ist, dafür musste man nur in die zweite Reihe der Parteien hineinhorchen. Natürlich sei das ein Signal für Schwarz-Gelb, sagte der ehemalige FDP-Chef Wolfgang Gerhardt dem Abendblatt. "Da gibt es gar nichts drum herumzureden." Noch deutlicher wurde der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Otto Bernhardt. "Das war jetzt der erste gemeinsame Erfolg von Union und FDP, und den zweiten wollen wir im September erringen", sagte Bernhardt. Man dürfe nun aber auch nicht die Brücken zur SPD einreißen.
So ganz traut das bürgerliche Lager dann doch noch nicht der neuen schwarz-gelben Seligkeit.