Horst Köhlers Sieg im ersten Wahlgang erspart der Republik die Debatte, ob die Bundespräsidentenwahl als Signal für eine rot-rot-grüne Bundesregierung zu werten sei.
Nun wird allerdings behauptet, mit der Niederlage Gesine Schwans sei der Weg zu Schwarz-Gelb vorgezeichnet - gegen jede Logik.
Köhlers Mehrheit in der Bundesversammlung war denkbar knapp. Er brauchte 613 Stimmen, und er bekam sie nur, weil auch die Freien Wähler aus Bayern den Amtsinhaber unterstützten. Ohnedies hat die Bundespräsidentenwahl mit einer Bundestagswahl ungefähr so viel zu tun wie mit einer Papstwahl. Ließe man das Volk und nicht Wahlmänner abstimmen, könnte Köhler mit 70 Prozent rechnen, wie Umfragen zeigen - aber nicht aus Sympathie für die bürgerlichen Parteien, sondern weil die Bürger die überparteiliche Amtsführung des Staatsoberhaupts schätzen.
Der gemeinsame Auftritt der Vorsitzenden Merkel, Seehofer und Westerwelle in der Bundesversammlung vermag die Entfremdung zwischen Union und FDP, die in den Jahren der Großen Koalition entstanden ist, kaum zu kaschieren. Noch vor wenigen Tagen äußerte Westerwelle im Abendblatt-Interview den Verdacht, viele in der Union würden lieber mit der SPD oder den Grünen regieren. Und er drohte der Kanzlerin, er laufe "keinem Rockschoß hinterher".
Horst Köhler zeigte am Abend der Wahl, wie wenig er von Vereinnahmungen hält. Er sehe sich nicht als Teil einer Regierungskonstellation, sagte der Bundespräsident. Union und FDP sollten die Worte als Warnung nehmen - und sich an 2004 erinnern. Schon damals, nach Köhlers erster Wahl, wollten sie ein Signal für Schwarz-Gelb erkennen. Ein Jahr später regierten Union und SPD. Der Wähler lässt sich von Farbenspielen nicht blenden.