Debatte über “militärische Optionen“ würde laut Außenminister iranische Führung stärken. Iran habe Recht, “Atomenergie zivil zu nutzen“.
Hamburg. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) hat eindringlich vor einem Militärschlag gegen den Iran gewarnt. Dem "Hamburger Abendblatt" (Dienstag) sagte Westerwelle: "Ich warne davor, militärische Optionen in den Raum zu stellen. Das sind jenseits aller gefährlichen Weiterungen für die Region Debatten, die die iranische Führung eher stärken als schwächen.“
Zugleich deutete der Außenminister die Möglichkeit weiterer internationaler Sanktionen gegen den Iran an. "Es ist klar: Wenn der Iran nicht kooperiert, wird die internationale Gemeinschaft nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“, so Westerwelle. Nach der Übergabe des Berichts der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) müsse entschieden werden, "welche politische und diplomatische Antwort wir geben“.
Der Außenminister erinnerte den Iran an seine Pflicht, die Details seines Atomprogramms offenzulegen. Er habe vor wenigen Tagen in Istanbul seinen iranischen Amtskollegen Salehi "noch einmal eindringlich aufgefordert, bei der Nutzung der Atomkraft mit der internationalen Gemeinschaft transparent und nachvollziehbar zusammen zu arbeiten“. Westerwelle betonte: "Der Iran hat das Recht, die Atomenergie zivil zu nutzen. Aber er hat zugleich die Pflicht, eine militärische Nutzung auszuschließen.“
Der Iran steht offenbar an der Schwelle zur Entwicklung eigener Atomwaffen. Laut einem Bericht der "Washington Post“ sind der IAEA Geheimdienstberichte zugegangen, aus denen hervorgeht, dass der Iran Hilfe eines ehemaligen sowjetischen und eines pakistanischen Nuklearwaffenspezialisten erhielt. So sei es gelungen, die technischen Probleme mit dem Zündmechanismus einer Atombombe aus dem Weg zu räumen. Die IAEA will in dieser Woche in Wien einen mit Spannung erwarteten Bericht zum iranischen Atomwaffenprogramm vorlegen. Die Weltgemeinschaft fürchtet, dass Teheran mit Hilfe seines Kernenergieprogramms auch Atomwaffen bauen will.
+++ Iran wehrt sich gegen Atomwaffen-Vorwürfe der IAEA +++
Neben Israel beobachtet auch die Bundesregierung das iranische Atomprogramm mit Sorge. Sollte der in Kürze erwartete IAEA-Bericht die Zweifel am rein zivilen Charakter des Nuklearprogramms nicht ausräumen, werde sich die Bundesregierung für eine Ausweitung des politischen und diplomatischen Drucks auf Teheran einsetzen, sagte ein Außenamtssprecher am Montag in Berlin.
Zu den wachsenden Spannungen zwischen dem Iran und Israel äußerte er sich ausweichend. Das Auswärtige Amt verfolge die öffentlichen Äußerungen dazu aufmerksam. An Spekulationen über einen drohenden Militärschlag Israels gegen den Iran beteilige man sich nicht.
Der israelische Präsident Schimon Peres hatte vor wenigen Tagen gesagt, die internationale Gemeinschaft sei im Streit um das iranische Atomprogramm einer militärischen Lösung näher als einer diplomatischen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu soll Medienberichten zufolge schon das Kabinett um Unterstützung für einen Militärschlag gegen den Iran gebeten haben.
Nachfolgend eine Übersicht über Irans bekannteste Nuklearanlagen:
Natans: In der unterirdischen Fabrik südöstlich von Teheran wird schwach angereichertes Uran produziert. Es wird für die Stromgewinnung, aber in hoch angereicherter Form auch für Atomwaffen benötigt. Für den Bau einer Atombombe müsste Uran auf 80 Prozent und mehr angereichert werden. GHOM: 2009 gab Teheran die Existenz einer weiteren, lange geheim gehaltenen Anreicherungsanlage südlich von Teheran zu, die noch nicht in Betrieb ist. Die Fabrik in einem Tunnelsystem auf einem früheren Militärgelände nahe der Schiiten-Hochburg Ghom bietet Platz für 3000 Zentrifugen zur Urananreicherung.
Buschehr: Nach der islamischen Revolution von 1979 zog sich die deutsche Kraftwerk Union (KWU) aus dem Projekt zurück. Später stiegen die Russen in Buschehr ein. In den beiden Atomreaktoren im Südwesten des Landes wurden im Oktober 2010 die ersten aus Russland gelieferten Brennelemente geladen – 35 Jahre nach Baubeginn. Im September 2011 ging Irans erstes Atomkraftwerk offiziell in Betrieb.
Isfahan: Im Zentrum der iranischen Kernforschung gibt es eine Anlage zur Produktion von Kernbrennstäben. Auch das in Zentrifugen zur Urananreicherung benötigte Hexafluoridgas wird südlich von Teheran hergestellt. ARAK: Den USA ist seit 2002 die Existenz des unfertigen Schwerwasserreaktors im Westen des Landes bekannt. Hier fällt Plutonium an, das für die Bombenproduktion verwendet werden könnte.
Teheran: Der kleine Leichtwasserreaktor in der Hauptstadt wurde noch zu Zeiten des 1979 gestürzten Schahs mit US-Hilfe gebaut. Er soll Material für medizinische Zwecke produzieren. Dazu benötigt er angereichertes Uran.
Karadsch: Seit den 1990er Jahren arbeitet nahe der Hauptstadt ein Nuklearforschungszentrum, das vor allem medizinischen Zwecken dienen soll.
Mit Material von dpa und dapd