Die deutsche Gesellschaft wird immer älter, aber auch schlauer. Die Geburtenrate erlebte im Jahr 2009 ein bislang historisches Allzeit-Tief.
Berlin. Immer mehr Rentner, dafür immer weniger Neugeborene und jede Menge Singles: Die deutsche Bevölkerung hat in den vergangenen sechs Jahrzehnten einen fundamentalen Umbruch durchlebt. Die deutsche Bevölkerung zähle mittlerweile zu den ältesten der Welt, sagte der Präsident des Statistischen Bundesamtes, Roderich Egeler, am Mittwoch in Berlin. Jeder fünfte Bundesbürger war im vergangenen Jahr im Seniorenalter. Allein in Japan leben mit einem Anteil von 22,7 Prozent heute noch mehr Senioren.
Egeler präsentierte das „Statistische Jahrbuch 2011: Leben in Deutschland – heute und vor 60 Jahren“. Neben der spürbaren Bevölkerungsalterung zeichnet sich die heutige Bundesrepublik durch mehr Internationalität, einem höheren Bildungsstatus und einer starken Technikbegeisterung aus. Seit dem Erscheinen des ersten Jahrbuchs vor sechs Jahrzehnten habe die Gesellschaft „grundlegende Veränderungen hinter sich“ gebracht, sagte er.
„Die Menschen leben immer länger“, sagte Egeler. Heute seien 17 Millionen Menschen mindestens 65 Jahre alt. 1950 waren es noch sieben Millionen. Dagegen wurden in 2009 mit 665.000 Kindern so wenige geboren wie noch nie zuvor. Dies sei eine Halbierung innerhalb der vergangenen sechs Jahrzehnte. Auch ein leichter Zuwachs in 2010 habe daran nichts geändert.
Damit hinkt Deutschland im internationalen Vergleich massiv hinterher. In Indien kämen heute im Schnitt 23 Neugeborene auf 1.000 Einwohner, in Deutschland lediglich acht (1950: 16).
Unterdessen sei das Zusammenleben in Deutschland vielfältiger geworden. Jeder fünfte Bundesbürger stammte laut Statistik im vergangenen Jahr aus einem anderen Land oder hatte eine Mutter oder Vater mit Migrationshintergrund. „Anfang der 1950er Jahre sprach noch niemand von Migrationshintergrund“, sagte Egeler. Zuwanderung habe es trotzdem gegeben, etwa in Form von Heimatvertriebenen. Damals hatte eine halbe Million Bürger einen ausländischen Pass. Mittlerweile sind es sieben Millionen.
Vor den Traualtar wagen sich die Bundesbürger immer seltener. 1950 wurden noch 11 Ehen je 1.000 Einwohner geschlossen, 2009 waren es nur noch rund fünf Ehen. Viele zögern die Heirat hinaus. War die Braut vor 60 Jahren im Schnitt 25 Jahre alt, so hatte sie 2009 bereits 30 Jahre hinter sich.
Im Aufwind befindet sich Deutschland mit Blick auf die Bildung. Frauen haben die traditionellen Geschlechterrollen gebrochen und bei den Schulabschlüssen die Männer überholt. „Frauen machen heute deutlich häufiger Abitur als Männer“, sagte Egeler. Von den 20- bis 24-Jährigen hätten im vergangenen Jahr 47 Prozent der Frauen den höchsten deutschen Schulabschluss gehabt (Männer: 38 Prozent).
Vor einigen Jahrzehnten sah das noch anders aus: Unter den heutigen Senioren haben nur acht Prozent der Frauen und dagegen 20 Prozent der Männer Abitur.
In einem Punkt hat sich allerdings wenig verändert. So gehe der Traum von den eigenen vier Wänden damals wie heute ähnlich oft in Erfüllung, sagte Egeler. Die Eigentümerquote sei zwischen 1950 und 2006 lediglich von 39 auf 45 Prozent gestiegen. (dapd)