Mit seinem Vorschlag einer Insolvenz Griechenlands hat der FDP-Chef Kanzlerin Merkel gegen sich aufgebracht. Trotz harscher Kritik verteidigt Rösler seine Aussage.
Berlin. Philipp Rösler hat erneut seine umstrittene Aussage über eine mögliche Insolvenz Griechenlands verteidigt. „Ich muss das tun, was ich für richtig halte“, sagte der Bundeswirtschaftsminister und FDP-Chef. Die Menschen wollten wissen, wohin sich Europa entwickele und er habe versucht, eine europäische Vision für die kommenden fünf bis zehn Jahre aufzuzeigen.
Es gehe "um sehr, sehr viel", hatte Bundeskanzlerin Merkel nach Röslers umstrittener Rede im RBB-Inforadio gesagt. "Und deshalb sollte jeder auch seine Worte sehr vorsichtig wägen." Eleganter kann man den eigenen Stellvertreter kaum zurechtstutzen. Aber die Lektion in politischer Krisenkommunikation ging noch weiter: Unruhe auf den Finanzmärkten könne man nicht gebrauchen, warnte die Kanzlerin. "Ich glaube, wir tun Griechenland den größten Gefallen, wenn wir wenig spekulieren, sondern Griechenland ermutigen, die Verpflichtungen auch umzusetzen, die es eingegangen ist." So musste Rösler erstmals von der Kanzlerin lernen, dass auch für Vizekanzler Denkverbote gelten. So deutlich hatte Merkel selbst Guido Westerwelle nicht in den anderthalb Jahren abgekanzelt, in denen Röslers Amtsvorgänger als Vizekanzler ein ums andere Mal verbal über die Stränge geschlagen hatte.
Auch in der FDP stehen nicht alle hinter Rösler. Die Partei steuert in der Debatte über den Euro-Rettungskurs auf einen massiven internen Konflikt zu. Wenige Tage vor der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus eskalierte am Mittwoch der Streit zwischen der FDP-Spitze und den liberalen „Euro-Rebellen“ im Bundestag und in Landesverbänden.
Die Euro-Skeptiker wollen per Mitgliederentscheid die Einführung des permanenten europäischen Rettungsschirms ESM ab Mitte 2013 verhindern. Sie können mit der für einen Entscheid erforderlichen Mehrheit rechnen. Die FDP-Spitze um Parteichef Philipp Rösler steuert dagegen und will mit einem eigenen Antrag den Mitgliederentscheid entschärfen.
In der FDP-Spitze wird davon ausgegangen, dass die „Euro-Rebellen“ um den Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler die erforderliche Mehrheit für einen Mitgliederentscheid zusammenbekommt. Offiziell hat bisher nur der FDP-Landesverband Bremen einen Antrag gestellt. Mehrere andere Verbände unterstützen das Vorhaben aber ebenfalls - darunter auch Berlin, wo am Sonntag gewählt wird und wo die FDP vor dem Aus steht.
Der FDP-Entscheid könnte etwa bis Anfang Dezember abgeschlossen sein, also rechtzeitig vor der Abstimmung des Bundestages über den ESM. Um einen Mitgliederentscheid zu erzwingen, reichen nach der FDP-Satzung etwa 3300 Unterschriften oder Anträge von fünf Landesverbänden. Schäffler hat etwa 1000 Stimmen zusammen. Nach einer dpa-Umfrage wird sich wohl auch der FDP-Vorstand in Schleswig- Holstein für den Entscheid aussprechen. In Hessen steht die FDP hinter dem Gegenantrag der Parteispitze, in Bayern wird nicht formell abgestimmt, in Hamburg hat man sich damit noch nicht befasst.
Die FDP-Spitze will den Bedenken in den eigenen Reihen auch mit einer Reihe von Regionalkonferenzen begegnen, wie Generalsekretär Christian Lindner in einem Brief an Funktions- und Mandatsträger der Partei ankündigte. Die Europapolitik werde zudem zu den Schwerpunkten des Parteitags am 12. und 13. November gehören.
Nach Rösler hat sich innerhalb der Bundesregierung auch Verkehrsminister Peter Ramsauer vom europapolitischen Kurs von Kanzlerin Angela Merkel distanziert. Ein Ausstieg Griechenlands aus dem Euro sei „kein Weltuntergang“, sagte der CSU-Vize der Wochenzeitung „Die Zeit“. Die CSU hatte zuvor für einen Ausschluss von Schuldensündern plädiert. Eine geordnete Insolvenz oder ein Ausschluss ist nach den jetzigen Rechtsmöglichkeiten nicht machbar.
CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sieht das schwarz-gelbe Regierungsbündnis nicht gefährdet. Zu Medienberichten, in der CDU werde bereits über eine Koalition mit der SPD nachgedacht, sagte sie: „Ich habe keine Anzeichen dafür.“