Ein unbeirrter Konzernchef, wütende Demonstranten und eine turbulente Hauptversammlung: Allen Protesten zum Trotz bleibt RWE auf Atomkurs.
Essen/Liebenberg. RWE bleibt strikt auf Atomkurs: Trotz massiver Proteste von Atomkraftgegnern lässt Konzernchef Jürgen Großmann nicht an seiner Strategie rütteln. Bei der Hauptversammlung in der Essener Grugahalle prallten am Mittwoch die Fronten von Atomkraftgegnern und Befürwortern aufeinander. Wann der Ausstieg Deutschlands aus der Kernenergie umgesetzt wird, ist weiter offen. Die Ethikkommission der Bundesregierung hat sich noch nicht auf ein konkretes Datum dafür festgelegt.
Den Protest gegen den Atomkurs des Konzerns bekamen die RWE-Aktionäre schon vor der Hauptversammlung am Morgen in Essen zu spüren: Demonstranten versuchten, rund 5000 Teilnehmer mit Sitzblockaden und gespannten Wollfäden am Betreten der Versammlungshalle zu hindern. Bei seiner Rede wurde Konzernchef Großmann mehrfach von Sprechchören unterbrochen. Der 59-Jährige zeigte sich gesprächsbereit – mögliche Zugeständnisse deutete er jedoch nicht an.
Bereits vor dem Aktionärstreffen war der RWE-Chef nach Informationen von „Spiegel Online“ von kommunalen Aktionären des Energiekonzerns massiv kritisiert worden. Grund sei das Festhalten des Managers an der Atomkraft, während ein Teil der Anteilseigner aussteigen wolle, hieß es. Ein Unternehmenssprecher wollte den Bericht auf Anfrage nicht bestätigen.
Mit der Klage des Konzerns gegen das Moratorium der Bundesregierung habe das Unternehmen seine Verpflichtung gegenüber den Aktionären erfüllt, unterstrich Großmann. Die Klage sei jedoch keine Kampfansage an die Politik. RWE hatte als einziger deutscher Atomkonzern eine Klage gegen das Moratorium eingereicht. Es dürfe nicht vergessen werden, dass die Privatwirtschaft für die angestrebte Energiewende einen dreistelligen Milliardenbetrag einsetzen müsse.
Einige Aktionäre forderten Großmann zum Rücktritt auf. Einem vorzeitigen Ausstieg vor Ende seines im September 2012 auslaufenden Vertrags erteilte er aber eine Absage.
Die Frage nach dem Ausstieg Deutschlands aus der Atomkraft ist unterdessen weiter offen. Der Chef der Ethikkommission der Bundesregierung, Klaus Töpfer, ließ am Mittwoch nach einer dreitägigen Klausur der 17-köpfigen Expertengruppe offen, ob man Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine konkrete Jahreszahl oder eine Zeitspanne für den Abschied von den AKW empfehlen werde.
Umweltschützer halten einen Ausstieg schon 2015 oder 2017 für machbar. Die Energiewirtschaft peilt 2020 an. Die Kommission werde sich nicht um eine Antwort drücken, sagte Töpfer auf Schloss Liebenberg bei Berlin. Auf der nächsten Klausur vom 13. bis 15. Mai soll der Entwurf für den Abschlussbericht der Kommission – den sie Ende Mai an Merkel übergibt – verabschiedet werden.
Bei drohenden Strom-Engpässen will die Bundesnetzagentur die Kraftwerksbetreiber dazu verpflichten, zur Stabilität der Netze beizutragen. Deshalb sollten die Kraftwerksbetreiber bei Bedarf die Einspeisungsleistung an einzelnen Standorten verringern oder erhöhen müssen, um Leitungsabschnitte vor einer Überlastung zu schützen.