Regierungsumbildung: Thomas de Maizière und Hans-Peter Friedrich werden Verteidigungs- beziehungsweise Innenminister.
Hamburg/Berlin. Er ist der Stillste im Kabinett Angela Merkels. Wäre der bisherige Bundesinnenminister und künftige Verteidigungsminister Thomas de Maizière nicht vor einigen Monaten vor die Kameras getreten und hätte vor Terroranschlägen gewarnt - viele Deutsche wüssten wohl noch nicht mal, dass es ihn gibt.
Lange hat er mit sich gerungen: Bedeutet diese Warnung nicht auch schon einen Sieg der Terroristen? "Ich bin Sicherheitsminister und kein Unsicherheitsminister", sagt er von sich. De Maizières Vorgänger scheute dagegen vor Alarmismus nicht zurück: Wolfgang Schäuble gab Warnungen quasi im Wochentakt ab. Doch als de Maizière sich äußerte, horchte das ganze Land auf.
Der 57 Jahre alte, promovierte Jurist ist das Musterbild des politischen Kärrners, der sich seit 20 Jahren in den verschiedensten Ämtern bewährt hat: Der gebürtige Bonner arbeitete in Sachsen unter anderem als Finanz- und Innenminister und war in Berlin als Chef des Bundeskanzleramts graue Eminenz für Angela Merkel, bis er nach der Bundestagswahl 2009 Innenminister wurde. Seine enge Bekanntschaft mit der Regierungschefin stammt noch aus Wendezeiten, als de Maizière in den Osten ging, um seinem Vetter Lothar, dem letzten Ministerpräsidenten der DDR, als juristischer Berater beizustehen. Damals entdeckte der Rechtsexperte das Talent einer gewissen Angela Merkel und empfahl sie seinem Cousin als Vize-Regierungssprecherin.
De Maizière, der wortkarge Bordingenieur des Regierungsschiffs, ist der politische Gegenentwurf zu Guttenberg, dem leichtfüßigen Tänzer auf dem Oberdeck. De Maizière hat nicht das Charisma des Oberfranken, doch ihm erschiene dessen Auftreten wohl auch als eitles Getue. Das Seriöse und Disziplinierte hat Thomas de Maizière vermutlich von seinem Vater geerbt: Ulrich de Maizière war 1966 bis 1972 Generalinspekteur der Bundeswehr. Als höchster deutscher Militär entwickelte er maßgeblich das Leitbild des Staatsbürgers in Uniform mit. Nun soll die Bundeswehr radikal verkleinert und umgestellt werden. Merkel hat diese heikle Aufgabe ihrem zuverlässigsten Mann anvertraut.
Mit seinem Nachfolger im Amt des Innenministers dürfte sich de Maizière recht gut verstehen. "Ich bin kein Hoppla-jetzt-komm-ich-Typ" hat CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich einmal über sich gesagt - und sich von seinen lautstarken Vorgängern distanziert. Einem ehernen politischen Gesetz zufolge werden alle CSU-Landesgruppenchefs irgendwann Bundesminister, Franz Josef Strauß beispielsweise, Theo Waigel oder Michel Glos. Nun hat es auch Friedrich getroffen. Sein Ziel indes war es nicht.
Als stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion war der 53-jährige Friedrich zuletzt sowohl Maschinist der Macht als auch Vermittler zwischen Berlin und München. Einerseits musste der promovierte Jurist den Interessen der CSU und damit Bayerns gegenüber der Schwesterpartei Gehör verschaffen. Andererseits musste Friedrich die feine Machtbalance innerhalb der Regierungskoalition bewahren - auch wenn sein Parteichef Horst Seehofer aus München mal wieder gegen die Liberalen oder gegen die Kanzlerin bollerte. Als Kommandeur über den bayerischen Brückenkopf in Berlin geriet er gelegentlich mit Seehofer aneinander, beispielsweise bei der Wehrreform: Der Oberfranke Friedrich solidarisierte sich im vergangenen Jahr mit seinem oberfränkischem Landsmann Guttenberg und rettete so dessen Plan, die Wehrpflicht auszusetzen.
In der CDU gilt Friedrich als einer, der Kompromisse zu knüpfen versteht. Unter Liberalen ist er als "konservativer Knochen", aber auch als "verlässlicher Zeitgenosse", bekannt. Wichtiger dürfte sein, dass Merkel Friedrich schon als Justiziar der Unionsfraktion kannte, der sie zwischen 2002 und 2005 vorstand. Friedrich sei ihr "ein äußerst wichtiger Ratgeber in allen innen- und rechtspolitischen Fragen" gewesen, lobte die Regierungschefin.
Merkel hat nun zwei Maschinisten an Bord. Der Glamour-Faktor ihrer Crew sinkt, dafür aber werden beide unter Deck bleiben.