Bei den Verhandlungen um die Hartz-IV-Reform gibt es erste Annäherungen. Ein Durchbruch ist allerdings noch nicht in Sicht.
Ein Durchbruch ist zwar noch nicht in Sicht, aber es hat erste Annäherungen in den Verhandlungen über die Hartz-IV-Reform gegeben. Es sei aber noch ein langer Weg. Das konnte man den Worten der Verhandlungsführer aller Seiten entnehmen. Die Gespräche wurden ohne zeitliche Begrenzung fortgesetzt. Näher gekommen sind sich die Vertreter von Koalition und Opposition vor allem beim Bildungspaket für bedürftige Kinder und beim Ausbau der Jugend- und Sozialbetreuung in den Kommunen. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte: „Wir kommen langsam Schritte voran.“
Stockend verliefen die Gespräche offensichtlich beim Mindestlohn. „Da hätten wir nach den Ankündigungen der vergangenen Tage mehr erwartet“, zeigte sich die Verhandlungsführerin der SPD, Manuela Schwesig, enttäuscht. Sie räumte aber ein: „Es waren ernsthafte und intensive Verhandlungen. Aber wir werden in den nächsten Tagen auch noch einiges zu klären haben. Es gibt noch Sand im Getriebe.“ Die Opposition wies das Angebot der Koalition zurück, Leiharbeitern den gleichen Lohn wie den Stammbeschäftigten erst nach einer Zeit von zwölf Monaten zu bezahlen. Damit würde das Gros der Betroffenen wegen durchweg kürzerer Verleihzeiten leer ausgehen.
Der Fraktions-Vize der Bundestags-Grünen, Fritz Kuhn, betonte: „Wir sind noch nicht über dem Berg, aber am Berg.“ Auch über die von der Opposition kritisierte Berechnung des Hartz-Regelsatzes soll noch gesprochen werden. Die Arbeitsgruppe von Bund und Ländern hatte nach gut zweiwöchiger Pause die Verhandlungen mit festgefahrenen Positionen fortgesetzt. Erstmals nahm auch die Linkspartei an den Beratungen teil.
Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, rechnet trotz der mühsamen Verhandlungen bis Anfang Februar mit einer Einigung. „Das Gesetz wird fertig werden. Am 11. Februar tagen der Bundestag und der Bundesrat. Und an diesem Tag muss der Kompromiss stehen“, sagte er im Bayerischen Rundfunk. Nach Einschätzung der Linkspartei stecken die Gespräche in einer Sackgasse. „Die Regierung missachtet weiterhin das Urteil des Verfassungsgerichts. SPD und Grüne sind nach wie vor in der Hartz-IV- Falle gefangen und können kein Paroli bieten“, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin, Dagmar Enkelmann.
Vor Beginn der Gespräche beharrte die Verhandlungsführerin der SPD, Manuela Schwesig, auf deutlichen Nachbesserungen. Die Regierung müsse das Bildungspaket ausweiten und bei einem Stufenplan für die Einführung von flächendeckender Schulsozialarbeit mitmachen. Der Regelsatz für Hartz-IV-Empfänger müsse endlich „durchschaubar“ gemacht werden, und es müsse Fortschritte beim Mindestlohn geben. Die Hartz-IV-Reform mit einer zum 1. Januar 2011 geplanten Erhöhung des Regelsatzes um 5 auf 364 Euro und einem Bildungspaket für bedürftige Kinder war Mitte Dezember im Bundesrat gescheitert. Bis ein Kompromiss gefunden ist, müssen die Hartz-IV-Empfänger auf die neuen Leistungen warten. Schwesig, die auch stellvertretende SPD-Vorsitzende ist, kritisierte die Pläne von der Leyens für das Kinder-Bildungspaket. Die Regierung wolle „die Kinder zu den Arbeitsagenturen schicken, die Kinder sind aber keine kleinen Langzeitarbeitslosen“.
Schwesig forderte einen flächendeckenden Ausbau der Schulsozialarbeit. Nach einem von der SPD vorgelegten Stufenplan sollen dafür 2011 zunächst 200 Millionen Euro fließen. Die Summe soll dann bis 2015 auf 2 Milliarden Euro aufgestockt werden, damit an jeder Schule ein Sozialarbeiter eingesetzt werden kann. Die SPD will den Bund über das Kinder- und Jugendhilfegesetz dazu in die Pflicht nehmen. Das Bundesarbeitsministerium machte rechtliche Bedenken geltend, zeigte sich aber für den Vorschlag grundsätzlich offen. Auch aus CDU und FDP wurden Stimmen für Verbesserungen beim Kinder-Bildungspaket laut: „Bei der Umsetzung müssen wir schauen, ob wir mehr Geld für Kinder und weniger für Bürokratie ausgeben“, sagte Niedersachsens Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) in Hannover. Für die Bildungsangebote für Kinder aus armen Familien hat der Bund 1300 Stellen eingeplant. Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer sprach vor Beginn des Treffens von einem Zwang zur Verständigung. Beim Regelsatz wolle er „keine Tarifverhandlungen führen“. Schwesig warf von der Leyen eine Blockadehaltung vor. So könnten etwa die um 5 Euro erhöhten Regelsätze und die Leistungen für Kinder schon jetzt ausgezahlt werden. Schwesig verband dies im ARD-„Morgenmagazin“ mit dem Vorwurf der Erpressung. Von der Leyen hielt der Opposition im Deutschlandfunk vor, bislang „kein Jota“ von ihren „Maximalforderungen“ abgerückt zu sein. (dpa)