Hunderte Polizisten sichern das Hotel Intercontinental in Berlin. Kanzlerin und Innenminister haben abgesagt. Bundespräsident Wulff ist Ballgast.
Brüssel/Berlin. Der Bundespresseball findet trotz der erhöhten Terrorgefahr in Berlin wie geplant am kommenden Freitag statt. Die Sicherheitsvorkehrungen sind wie jedes Jahr sehr hoch. „Wir haben immer Sicherheitsstufe 1 und brauchen keine weitere Anpassung“, sagte Organisator Alfred J. Gertler. Wie viele Polizisten rund um das Hotel Intercontinental stationiert werden, würden aber die Sicherheitsbehörden wie das Bundeskriminalamt und die Berliner Polizei entscheiden.
Einladungen und Personalausweise der 2500 geladenen Besucher werden wie üblich streng kontrolliert. Vor dem Hotel dürfen nur Autos halten, deren Fahrer eine Genehmigung haben. Absperrgitter werden auf den Wegen und Straßen um das Hotel aufgestellt. Prominentester Ballgast ist Bundespräsident Christian Wulff. Auf der Gästeliste stehen auch fünf Bundesminister und zahlreiche weitere prominente Politiker, Wirtschaftsvertreter und Chefredakteure. Abgesagt haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und Innenminister Thomas de Maizière (beide CDU).
Unterdessen wurde die Kuppel des Reichstags in Berlin gesperrt. Eines der bekannt gewordenen Terror-Szenarien sieht einen Sturmangriff auf den Sitz des Bundestags vor. Nur angemeldete Besuchergruppen dürfen das Parlament noch besuchen, teilte die Pressestelle des Bundestages mit. Auch die Dachterrasse wurde gesperrt. Es gebe auch „innere Sicherheitsmaßnahmen“. Nähere Angaben wurden dazu nicht gemacht.
Im Kampf gegen Terrorismus, organisiertes Verbrechen und Computerkriminalität müssen die EU-Staaten nach Ansicht der Kommission enger und entschlossener zusammenarbeiten. Die für innere Sicherheit zuständige EU-Kommissarin Cecilia Malmström schlug ein Bündel von 41 Maßnahmen vor, die innerhalb der kommenden drei Jahre umgesetzt werden sollten. Die EU-Kommission denkt dabei an eine Art Masterplan. Dabei geht es unter anderem um die rasche Beschlagnahme von kriminell zustande gekommenem Vermögen. Im Kampf gegen den Terrorismus sollten einheitliche Vorschriften für die Überwachung von Kontenbewegungen vereinbart werden. Zudem wolle die Kommission schon im kommenden Jahr Vorschläge für eine Rechtsgrundlage zum Austausch der Daten von Flugreisenden zwischen den EU-Staaten machen.
Bis 2013 soll in der EU ein Zentrum zur Bekämpfung der Computerkriminalität eingerichtet werden. „Man braucht heute keine Bombe mehr, um ein Atomkraftwerk anzugreifen“, sagte Malmström. „Man kann das mit einem Computer tun.“ „Ich fordere alle Beteiligten auf, ihrer Verantwortung für die Umsetzung dieser Vorschläge nachzukommen“, sagte Malmström. Ihre Vorschläge bündelten erstmals alles, was bisher in einzelnen Bereichen in Sachen innere Sicherheit verabredet worden sei.
Verbrecher nutzten in zunehmendem Umfang das Internet sowohl für Kleinkriminalität als auch für groß angelegte Betrugsmanöver. In dem Zentrum zur Bekämpfung der Computerkriminalität solle daher das gemeinsame Wissen in diesem Bereich zusammengeführt werden. Malmström schlug auch vor, in allen EU-Staaten sollten „schnelle Einsatzkräfte“ zur Bekämpfung von Computerkriminalität gebildet werden.
Zur Bekämpfung des Terrorismus solle die EU auch Netzwerke von Organisationen bilden, die sich zum Teil schon seit längerer Zeit bemühen, vor allem jüngere Menschen daran zu hindern, in den Terrorismus abzugleiten. „Wir wollen keineswegs eine Datenbank von Radikalen anlegen“, sagte Malmström. Es gehe nicht um eine zentrale Erfassung, sondern um den Erfahrungsaustausch im Bemühen, Terrorismus zu verhindern. „Es gibt eine zunehmende Zahl von Menschen, die sich der Gesellschaft entfremdet fühlen.“ Durch eine Überwachung von Kontenbewegungen solle auch die Bekämpfung des Terrorismus gestärkt werden.
Derweil lehnt die FDP trotz der gestiegenen Terrorgefahr die massenweise Speicherung von Telefon- und Internetdaten sowie eine Verschärfung der deutschen Sicherheitsgesetze strikt ab. „Das geltende Recht reicht bei konsequenter Anwendung aus, um terroristischen Gefahren zu begegnen“, sagte Generalsekretär Christian Lindner nach einer Sitzung des Präsidiums seiner Partei. Das Führungsgremium verabschiedete einen Beschluss, in dem die FDP eindringlich vor falschem Aktionismus und einem „Überbietungswettbewerb um immer mehr Gesetzesverschärfungen„ warnt.
Das verdachtsunabhängige Sammeln von Daten wie bei der Vorratsdatenspeicherung verbessere nicht automatisch die Sicherheit, warnte Lindner. Eine massive Ansammlung von Daten führe im Gegenteil zu Unsicherheit und berge die Gefahr, dass nicht zielgerichtet gefahndet werde. Die FDP sei dem Koalitionspartner Union bereits entgegenkommen, indem sie sich zu einer anlassbezogenen Vorratsdatenspeicherung bereiterklärt habe. Auch Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ließ mitteilen, es sei jetzt nicht die Stunde, um in eine unbesonnene Verschärfungsdebatte einzutreten.