Immer mehr Arbeitnehmer zwischen 60 und 64 Jahren sind arbeitslos. SPD-Vize Scholz hält die Anhebung der Altersgrenze für einen schweren Fehler.
Hamburg. Angesichts der zunehmenden Arbeitslosigkeit bei Älteren hat SPD-Vize Olaf Scholz die Bundesregierung eindringlich davor gewarnt, in die Rente mit 67 einzusteigen. „Die Altersgrenze jetzt anzuheben ist ein schwerer Fehler“, sagte der frühere Bundesarbeitsminister abendblatt.de. „Wenn nicht mal ein Viertel der 60- bis 64-Jährigen sozialversicherungspflichtig beschäftigt wird, ist die Zeit nicht reif für eine Anhebung der gesetzlichen Regelaltersgrenze.“
Zuvor waren Statistiken der Bundesagentur für Arbeit bekannt geworden, nach denen immer mehr Arbeitnehmer zwischen 60 und 64 Jahren arbeitslos sind. „Die Zunahme der Arbeitslosigkeit bei den über Sechzigjährigen ist besorgniserregend“, sagte Scholz. „Vielen älteren Arbeitnehmern muss vor diesem Hintergrund die Debatte über den zunehmenden Fachkräftemangel wie Hohn in den Ohren klingen.“ Offenbar trennten sich immer noch viele Unternehmen entgegen allen anders lautenden Bekundungen von ihren Älteren.
Hauptursache für die höhere Arbeitslosigkeit bei den über 60-Jährigen ist laut "Süddeutscher Zeitung" (SZ) und Arbeitsagentur der Wegfall von Sonderregelungen für Ältere. So ist 2009 die staatliche Förderung der Altersteilzeit ausgelaufen.
Das Risiko, kurz vor Eintritt in den Ruhestand den Job zu verlieren, habe sich in den vergangenen drei Jahren stark erhöht, berichtete die SZ unter Berufung auf Statistiken der Bundesagentur für Arbeit. So seien im Oktober 2007 etwa 34.500 der 60- bis 64-Jährigen arbeitslos gewesen. Bis Oktober 2010 sei die Zahl auf rund 145.500 Erwerbslose in dieser Altersgruppe gestiegen.
Die Bundesregierung hat immer erklärt, dass bessere Beschäftigungschancen für ältere Arbeitgeber eine Voraussetzung für die Rente mit 67 sind. Zu dieser Thematik ist ein Regierungsbericht erstellt worden, um der im Gesetz verankerten Überprüfungsklausel nachzukommen. In dem Entwurf des Arbeitsministeriums heißt es: „Die Bundesregierung hält an der beschlossenen Anhebung der Regelaltersgrenze fest.“ Sie sei vertretbar und notwendig. In dieser Einschätzung sieht sich die Regierung durch die Entwicklung am Arbeitsmarkt bestätigt: „Die Erwerbsbeteiligung und die Arbeitsmarktchancen haben sich gerade für die Älteren deutlich verbessert.“
Das Kabinett soll nach bisheriger Planung den Bericht am kommenden Mittwoch verabschieden, sofern die noch laufende Ressortabstimmung bis dahin abgeschlossen ist.
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) wies den Bericht zurück. „Die Zahl der Älteren ohne Job ist in der Wirklichkeit nicht gestiegen, sondern die Statistik muss seit 2007 nur ehrlicher sein“, sagte von der Leyen der „Bild“-Zeitung. Sie seien zuvor nicht registriert und auch nicht mehr vermittelt worden, sondern nur noch in Hartz IV verwaltet.
Jetzt müssten die Jobcenter Ältere in Arbeit vermitteln und auch in der Statistik als arbeitssuchend ausweisen. „Alle mittelfristigen Zahlen zeigen, dass die Chancen für Ältere am Arbeitsmarkt deutlich gewachsen sind“, sagte von der Leyen dem Blatt. Die Zahl der Arbeitslosen über 55 Jahre habe sich im Vergleich zum Jahr 2000 nahezu halbiert. Die Zahl älterer Erwerbstätiger zwischen 55 und unter 65 Jahren ist von 2005 bis 2009 um mehr als eine Million angestiegen“, sagte von der Leyen.