Die Kanzlerin will den Vertrag von Lissabon ändern lassen. SPD kritisiert: Merkel und Sarkozy haben die EU bloßgestellt.
Berlin/Brüssel. Bundeskanzlerin Angela Merkel setzt beim EU-Gipfel alles auf eine Karte: Deutschland bestehe auf einer Vertragsänderung zur Bestrafung dauerhafter Defizitsünder in der EU, sagte Merkel in einer Regierungserklärung im Bundestag. Ohne diese Vertragsänderung werde Deutschland nicht dem Bericht der Arbeitsgruppe von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy zustimmen.
Der EU-Gipfel müsse den Ratspräsidenten ein klares Mandat geben, bis März 2011 Vorschläge für eine Vertragsänderung zu erarbeiten. „Ich sage für die Bundesregierung unmissverständlich: Für mich ist die Zustimmung zu dem Van-Rompuy-Bericht und ein präziser Auftrag an den Ratspräsident nicht voneinander zu trennen. Sie sind ein Paket“, sagte Merkel.
Deutschland und Frankreich lehnen eine Verlängerung der milliardenschweren Rettungsfonds für Griechenland und andere Euro-Länder über 2013 hinaus ab . Beide Länder tragen mehr als 50 Prozent der Hilfen und wollen die Last künftig auf die Schultern privater Gläubiger verteilen.
Die SPD wirft Merkel schwere politische Fehler vor. Merkel und der französische Präsident Nicolas Sarkozy hätten die übrigen EU-Partner „bloßgestellt“, weil sie sie nicht in ihre Überlegungen eingebunden haben, sagte SPD-Fraktionsvize Axel Schäfer der „Berliner Zeitung“. Es sei in der Vergangenheit immer die Position Deutschlands in der EU gewesen, eine Balance zwischen großen und kleinen Mitgliedsländern herzustellen. Das habe die schwarz-gelbe Bundesregierung aufgegeben.
Merkel und Sarkozy hatten in der vergangenen Woche auf eine gemeinsame Position für neue Spielregeln in der Eurozone verständigt und die übrigen Partner damit vor vollendete Tatsachen gestellt.
Der EU-Gipfel treibt auf eine Konfrontation zu. Denn Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker hat bereits seinen Widerstand angekündigt. Die Reform werde schwer durchzusetzen sein, räumte Merkel ein. Sie sei aber notwendig. Merkel warf den Gegnern einer Vertragsänderung vor, sie setzten nur auf das „Prinzip Hoffnung“. Merkel verteidigte die deutsch-französische Abstimmung. „Deutschland und Frankreich haben gemeinsam Führung übernommen“, sagte sie zum bilateralen Kompromiss von Deauville. „Deutschland und Frankreich haben den Weg für einen Konsens frei gemacht.“
Die Vorschläge der Task Force sähen drei Verbesserungen vor. Zum einen könnten Sanktionen schneller greifen. „Eine Sanktion kommt, wenn der Europäische Rat nicht mehr mit qualifizierter Mehrheit widerspricht“. Das versteht auch die EU-Kommission unter automatischen Sanktionen. Zudem könnten künftig auch Staaten mit hohen Gesamtdefiziten belangt werden. Und drittens werde der Europäische Rat nicht mehr zuschauen, wenn EU-Staaten ihre Wettbewerbsfähigkeit verschlechterten. „Hier wird es künftig Sanktionen geben. Das ist ein völlig neuer Ansatz.“