Seine Frau werde in ein normales Leben zurückkehren. Steinmeier und SPD-Chef Gabriel attackierten die Regierung – und die Grünen.

Berlin. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier (54) hat sich für eine neue rechtliche Regelung von Organspenden ausgesprochen. Ziel müsse eine „Weiterentwicklung“ des Transplantationsgesetzes aus dem Jahr 1997 sein, sagte Steinmeier. Das zu klären sei keine parteipolitische Angelegenheit, sondern solle von Experten des Gesundheitswesens und Fachpolitikern ausgehen. Ende August hatte sich der frühere Außenminister wegen einer Nierenspende an seine Frau, die nach seinen Angaben erfolgreich verlief, für acht Wochen aus dem politischen Tagesgeschäft zurückgezogen.

Am Dienstag dankte er in der Bundespressekonferenz dafür, dass viele Journalisten durch Beiträge eine vernünftige und verantwortliche Diskussion über Organspenden angestoßen hätten. „Ich wünsche mir, dass diese Diskussion nicht folgenlos bleibt“, meinte er. Er verwies auch auf die Beratungen des Deutschen Ethikrats zum Thema. Das Gremium hatte sich nachdrücklich für eine Gesetzesänderung ausgesprochen und war dafür heftig kritisiert worden.

Er zeigte sich erleichtert über den positiven Verlauf der Organübertragung. Wenn weiter nichts dazwischen komme, werde seiner Frau „die Rückkehr in ein normales Leben möglich sein“. Weiter lobte der Fraktionschef die Arbeit von Ärzten und Pflegekräften und äußerte sich auch dankbar für überwältigend großen Zuspruch aus der Bevölkerung .

SPD-Chef Sigmar Gabriel äußerte sich – spürbar bewegt – „unglaublich froh und dankbar“ über den Verlauf des Eingriffs und die Rückkehr Steinmeiers. Für ihn sei die Lehre, in Zukunft achtsamer zu sein, gelegentlich innezuhalten „und nicht zu glauben, die Politik sei alles, was das Leben bestimmt“. Er werde nicht vergessen, wie er im August während einer privaten Autofahrt mit Steinmeier über die Bewertung der Rente mit 67 telefoniert und kurz darauf von Steinmeiers Situation erfahren habe. Damals habe er sich mit Blick auf den Gesundheitszustand von Steinmeiers Frau nicht vorstellen können, „wie dramatisch die Lage war“.

Bislang dürfen Mediziner Organe nur entnehmen, wenn der Spender zu Lebzeiten zugestimmt hat oder unmittelbar nach dem Tod die Angehörigen ihr Einverständnis geben. Statt dieser Zustimmungslösung plädieren diverse Politiker für eine Widerspruchslösung. Danach wäre die Organentnahme bei Hirntoten möglich, sofern diese zu Lebzeiten nicht ausdrücklich widersprochen haben.

Derweil beharrt die SPD auf ihrem Führungsanspruch in der Opposition und grenzt sich von den aufstrebenden Grünen ab. „Ich möchte nicht, dass ein grüner Ministerpräsident die Richtlinien der Politik bestimmt“, sagte der SPD-Vorsitzende Gabriel mit Blick auf die kommenden Landtagswahlen in Berlin und Baden-Württemberg. In der Wählergunst liegen die Grünen dort jüngsten Umfragen zufolge vor den Sozialdemokraten.

Die „Reduktion auf einige wenige Themen“, wie sie im „Grünen-Kanon von Politik angeboten“ werde, reiche für politische Führung nicht aus, sagte Gabriel. Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Steinmeier betonte, die SPD sei „die Partei, die am stärksten darüber nachdenkt, wie man eine 82-Millionen-Gesellschaft im innersten zusammenhält“.

Die SPD verstehe sich nicht als „Volksbeglückungspartei“ und wolle ein „kräftige Infrastruktur und eine kräftige Industrie“, betonte Gabriel. „Es gibt keinen Fortschritt in der Geschichte der Menschheit ohne Risiko“. Der Parteichef fügte allerdings hinzu: „Wir sind kein Grünen-Bekämpfungskommando“. Der ehemalige Koalitionspartner sei „die neue liberale Partei und Deutschland und es ist gut, dass es sie gibt“. Mit den Grünen hätten die Sozialdemokraten die meisten politischen Gemeinsamkeiten im Vergleich zu allen anderen Parteien.

Zugleich machten Gabriel und Steinmeier deutlich, dass sie gemeinsam mit den Grünen die schwarz-gelbe Koalition ablösen wollen: Die Bundesregierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe im ersten Jahr ihrer Amtszeit nur „Pfusch“ abgeliefert, sagte Steinmeier: „Das war nichts und das wird nichts.“ Das „Kabinett der Eitelkeiten“ habe die „Ernsthaftigkeit des Regierungsauftrags gar nicht begriffen“, Versprechen gebrochen und lediglich ihre Wahlhelfer aus der Hotelbranche belohnt. Der Aufschwung sei nicht wegen sondern trotz der Bundesregierung zustande gekommen. Steinmeiers Fazit: „Politik zum Abgewöhnen“.