Minister Guttenberg und seine Frau sind so präsent, als würden sie das Land regieren. Endlich gibt es wieder Glamour in Deutschland.
Hamburg. In den Redaktionsräumen der deutschen Regenbogenpresse dürfte in diesen Tagen ein tiefer Seufzer der Erleichterung zu hören sein: Endlich, ja endlich hat die Medienwelt wieder eine Prise Glamour. Die Person, die für diesen Glanz sorgt, ist adelig, sieht blendend aus, arbeitet an einem wichtigen Projekt und wohnt auf einem Schloss in Bayern - und nein, es handelt sich nicht um Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg: sondern um dessen Gattin Stephanie. Die hat ein Buch gegen Kindesmissbrauch geschrieben, das sie gestern vorgestellt hat. Und damit ein gewaltiges Echo ausgelöst. Ihr Vorwurf: Die Sexualisierung der Gesellschaft und vor allem der Medien gefährde Kinder und Jugendliche. "Pornos im Internet, Popsängerinnen in Bondage-Outfits und Topmodelshows im Privatfernsehen erschweren Kindern und Jugendlichen die Entwicklung eines positiven Körperbildes und einer ichbezogenen Sexualität", schreibt die Autorin, die auch Präsidentin des Kinderschutzvereins Innocence in Danger ist. "Die Kinder wissen einfach nicht, ob das Gezeigte der Realität entspricht", kritisiert sie.
Das Echo auf ihr Buch ist derart laut, dass es sich mit dem wichtigen Inhalt allein kaum erklären lässt. Die Vermutung liegt näher, dass Stephanie zu Guttenberg von einer Erscheinung profitiert, die man als das Guttenberg-Phänomen beschreiben könnte.
Wollte man bislang von Stephanie zu Guttenberg sprechen, musste man zur Erklärung einen Umweg nehmen - entweder einen historischen Exkurs über Frau zu Guttenbergs Ahnen (die geborene Gräfin von Bismarck-Schönhausen ist die Ururenkelin des ersten deutschen Reichskanzlers Otto von Bismarck). Oder man nahm einen politischen Umweg über ihren Ehemann Karl-Theodor, als dessen stille, aber selbstbewusste und attraktive Begleitung sich Stephanie präsentierte.
Bei öffentlichen Anlässen war und ist dem Paar dabei die volle Aufmerksamkeit gewiss, denn Karl-Theodor zu Guttenberg gilt als der politische Senkrechtstarter der vergangenen zwei Jahre. Der frühere Bundeswirtschaftsminister Michael Glos sieht in seinem CSU-Parteifreund Guttenberg einen künftigen Bundeskanzler. "Er ist schon jetzt mit weitem Abstand die führende Figur der CSU und lässt sich längst nicht nur auf Bayern verengen", sagte Glos der "Main-Post". Ohne Frage versteht Guttenberg es, seine Politik nicht nur seinen Politikerkollegen, sondern auch den deutschen Fernsehzuschauern und Zeitungslesern zu vermitteln. Dabei hilft ihm einerseits seine Offenheit gegenüber Medien, andererseits sein Talent, sich dieser Medien zur rechten Zeit zu bedienen.
Seinen ersten großen Auftritt hatte der stets im perfekten Outfit Auftretende als Wirtschaftsminister während der drohenden Opel-Pleite, anlässlich derer er sich auch mal am New Yorker Times Square mit einem derart selbstbewussten Strahlen ablichten ließ. Schließlich wechselte der Oberfranke ins Amt des Verteidigungsministers - und fand wieder den passenden Weg der Inszenierung: Bei Truppenbesuchen in Afghanistan zeigte er sich den Kameras in Kakihosen, T-Shirt und Stiefeln.
Den Wählern scheint das zu gefallen: Sie katapultierten den telegenen Baron an die Spitze der Beliebtheitsskala. Dass er sich bei der Aufklärung des Kundus-Bombardements kurzfristig in Widersprüchen verhakte, haben die meisten ihm nachgesehen. Politikerkollegen lästern dagegen gelegentlich über seinen politischen Zickzackkurs.
Dazu dürfte auch beigetragen haben, dass der CSU-Mann aus Kulmbach kein Problem damit hat, innerhalb der Union anzuecken. So setzte er in den Spitzen von CDU und CSU die Aussetzung der Wehrpflicht durch, eigentlich eine der heiligen Kühe der Konservativen - sogar gegen seinen streitlustigen Parteivorsitzenden Horst Seehofer.
Von der Begeisterung für den Nachwuchspolitiker profitiert offenbar auch Ehefrau Stephanie, der die Medien nun ihr Augenmerk widmen. Kühle Berechnung muss man ihr dabei aber nicht unterstellen: Die Mutter zweier Töchter kritisierte in der Vergangenheit in deutlichen Worten den Umgang der katholischen Kirche mit den zahlreichen Missbrauchsfällen - und dürfte damit in den Reihen der Partei ihres Mannes wenig Begeisterung ausgelöst haben.
In ihrem neuen Buch dagegen legt sie sich mit TV-Größe und Model Heidi Klum an. Angesichts von Topmodel-Shows mache sie sich Sorgen, mit welchem Frauenbild die Kinder aufwüchsen, schreibt zu Guttenberg. Möglicherweise hat sie aber auch von ihrem Mann gelernt, dass man zur Erzeugung maximaler Aufmerksamkeit an möglichst vielen Stellen anecken muss.