Umweltminister spricht von Geld für die Sanierung des Endlagers Asse. Greenpeace protestiert zu Merkels Energiereise vor Atomkraftwerk.
Berlin. Es war der übliche Schlagabtausch der Freunde und Feinde einer umstrittenen Technologie. Die Atomkraft als solche, die Brennelementesteuer , der Umweltschutz und die Endlagerfrage spalteten die Gäste bei Frank Plasbergs bissiger Streitrund in „hart aber fair“. Doch der hart angegangene Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) offenbarte vor 2,85 Millionen ARD-Zuschauern einen neuen Streit in der Bundesregierung. So gehen innerhalb des Kabinetts von Bundeskanzlerin Angela Merkel die Angaben zur Verwendung der Einnahmen aus der geplanten Brennelementesteuer auseinander.
Die Atomsteuer soll nach den Worten von Röttgen auch für die Sanierung des Atommülllagers Asse in Niedersachsen verwendet werden. Damit stiftete der Umweltminister möglicherweise weitere Verwirrung in der deutschen Atomdiskussion. „Es gibt zwei Zwecke. Der eine Verwendungszweck: Die Brennelementesteuer dient der Sanierung Asse, eines gescheiterten, maroden Endlagers. Das kann einige Milliarden werden (kosten)“, sagte Röttgen bei Plasberg. Außerdem solle die geplante Steuer der Konsolidierung des Haushaltes dienen.
Zuvor hatte ein Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gesagt, die Atomsteuer solle die klamme Finanzlage des Bundes verbessern. „Die 2,3 Milliarden Euro, die die Brennelementesteuer bringen soll, werden für die Sanierung, die Konsolidierung des Bundeshaushaltes verwendet“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast warf der Union bei Plasberg vor, bei der Verwendung der geplanten Atomsteuer keine einheitliche Linie zu finden. „Ich dachte, das soll in den Haushalt. Diese Regierung – jeden Tag eine neue Botschaft“, ätzte Künast. Röttgen sagte, Schwarz-Gelb plane neben der Brennelementesteuer eine zweite Abgabe für die Atomindustrie, die für den Fall einer Laufzeitverlängerung aktuell werde. „Diese Laufzeitverlängerungen führen zu den Sondergewinnen und die sollen für die erneuerbaren Energien abgeschöpft werden. Das sind zwei Verwendungszwecke, die man nebeneinander sehen muss“, sagte Röttgen.
Bundeskanzlerin Merkel besucht auf ihrer Energiereise an diesem Donnerstag das Atomkraftwerk im niedersächsischen Lingen. Dabei will die Kanzlerin mit den Vorstandsvorsitzenden von RWE und E.on, Jürgen Grossmann und Johannes Teyssen, zu einem Meinungsaustausch zusammentreffen. Zwischen der Bundesregierung und den großen Energieversorgern gibt es unterschiedliche Auffassungen über die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke und über die Einführung einer Brennelementesteuer. Im Anschluss an die Besichtigung des Atomkraftwerkes will die Kanzlerin ein benachbartes Gaskraftwerk, einen aus Biomasse Strom produzierenden Gärtnereibetrieb in Emsbüren und ein Kohlekraftwerk in Lünen bei Dortmund besuchen.
Vor ihrem Besuch in Lingen haben Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace gegen eine Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke demonstriert. Am frühen Donnerstagmorgen projizierten die Umweltschützer nach eigenen Angaben die Botschaft „Atomkraft ist ein Irrweg, Frau Merkel!“ an den Kühlturm der Anlage in Lingen. „Atomkraft ist keine Brücke, sondern ein Irrweg, der Deutschland in eine gefährliche energiepolitische Sackgasse führt“, erklärte der Atomexperte von Greenpeace, Tobias Riedl.