Der frühere DDR-Bürgerrechtler und Theologe Joachim Gauck ist als neuer Bundespräsident vereidigt worden. Auf der gemeinsamen Sitzung von Bundestag und Bundesrat legte Gauck am Freitag in Berlin seinen Amtseid ab.
Berlin. Jetzt ist es offiziell: Fünf Tage nach seiner Wahl ist Bundespräsident Joachim Gauck am Freitag in einer gemeinsamen Sitzung von Bundestag und Bundesrat vereidigt worden. Der 72 Jahre alte evangelische Theologe schwor auf die Verfassung, dass er "seine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren und Schaden von ihm wenden“ werde. Der ehemalige Bürgerrechtler und langjährige Chef der Stasi-Unterlagenbehörde war von CDU, CSU, SPD, FDP und Grünen für die Nachfolge des im Februar zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff nominiert worden. In der Bundesversammlung hatte er am Sonntag bereits im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erhalten.
Gauck hielt nach dem Eid seine erste größere Rede als Staatsoberhaupt. "Wir stehen zu diesem Land, nicht, weil es so vollkommen ist, sondern weil wir nie ein besseres gesehen haben“, sagte Gauck. Die Demokratie sei stärker als ihre Feinde. Nicht sie, sondern die Demokratie werde leben. Gauck appellierte an die Bevölkerung und die Politik, nicht auf Distanz zur Demokratie zu gehen. Darüber hinaus bat er die Bevölkerung und die Politik, Vertrauen in seine Person und seine Amtsführung zu haben.
Bundestagspräsident Norbert Lammert bezeichnete die Wahl Gaucks als Zeichen des unaufhaltsamen Fortschritts beim Zusammenwachsen von Ost und West. Das erste in der DDR aufgewachsene Staatsoberhaupt habe das Leben in Unfreiheit persönlich erlebt, sagte Lammert vor der Vereidigung. Gauck werde getragen von einer Woge der Sympathie. Die Erwartungen an ihn seien hoch.
Der Bundestagspräsident sagte, Gauck werde im neuen Amt von einer Welle der Sympathie getragen. Er wünsche ihm, dass dies so bleibe. Zugleich ging er auf dessen Worte ein, wonach er weder ein Supermann noch ein fehlerloser Mensch sei. "Das eine ist so beruhigend wie das andere“, sagte Lammert. Von einem Präsidenten dürften keine übermenschlichen Fähigkeiten erwartet werden. Ämter würden von Menschen ausgefüllt, die zwar Verantwortung übernähmen, "die durch das Amt aber weder unfehlbar noch unantastbar“ würden.
An der Feier im Reichstagsgebäude nahmen auch Wulff und seine Ehefrau Bettina sowie die Altpräsidenten Richard von Weizsäcker, Roman Herzog und Horst Köhler teil. Bundesratspräsident Horst Seehofer (CSU) würdigte Gaucks Wahl als wichtigen Meilenstein in der Geschichte Deutschlands. Der ostdeutsche Theologe stehe wie kaum ein Zweiter für den Satz der friedlichen Revolution in der DDR von 1989 "Wir sind ein Volk“, sagte der bayerische Ministerpräsident, der zwischenzeitlich kommissarisches Staatsoberhaupt war.
Lammert und Seehofer dankten dem zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff, er habe wichtige Impulse für Zusammenhalt und Integration gesetzt. Wulffs Frau Bettina habe "dem modernen Deutschland ein Gesicht gegeben“, sagte Seehofer.(rtr/dpa)