Um zwölf Uhr wählt die 15. Bundesversammlung den elften Bundespräsidenten. Der Wahlsieg Joachim Gaucks gilt als sicher. Die Erwartungen an ihn sind groß.
Berlin. Heute Mittag kommen die 1.240 Wahlleute der 15. Bundesversammlung in Berlin zusammen, um den elften Bundespräsidenten zu wählen. Die Wahl des früheren DDR-Bürgerrechtlers Joachim Gauck gilt als sicher. Der 72-Jährige wird von einer beispiellosen Fünf-Parteien-Koalition aus CDU, CSU, FDP, SPD und Grünen unterstützt. Für die Linke kandidiert die Nazi-Jägerin Beate Klarsfeld. Es wird erwartet, dass Gauck im ersten Wahlgang gewählt werden wird. Die 73-Jährige ist aber chancenlos.
Gauck war am 19. Februar, zwei Tage nach dem Rücktritt von Christian Wulff, nominiert worden. Die FDP hatte den von SPD und Grünen präsentierten Gauck in der Koalition als gemeinsamen Kandidaten durchgesetzt. Gauck war schon 2010 bei der Wahl Wulffs zum Bundespräsidenten der Gegenkandidat von SPD und Grünen gewesen.
Der frühere Rostocker Pfarrer und DDR-Bürgerrechtler war eine der Führungsfiguren der friedlichen Revolution. Von 1991 bis 2000 leitete er die Stasi-Unterlagenbehörde. Gauck erfreut sich Umfragen zufolge großer Beliebtheit in der Bevölkerung. Das voraussichtliche neue Staatsoberhaupt halten 80 Prozent der Deutschen für glaubwürdig, wie eine Umfrage für die ARD-Sendung „Günther Jauch“ ergab. Gut ein Drittel (37 Prozent) weiß aber noch nicht, wofür der 72-Jährige steht. Neben dem großen Thema der Freiheit wird von Gauck erwartet, zu anderen Fragen wie dem Euro oder dem Rechtsextremismus Position zu beziehen.
Voraussichtlich an diesem Montag soll Gauck in sein Amt eingeführt werden. Die Vereidigung des 11. Präsidenten vor Bundestag und Bundesrat ist für kommenden Freitag vorgesehen. Offiziell im Amt ist der Präsident aber bereits, sobald er die Wahl durch die Bundesversammlung annimmt. Ein politische Rede will Gauck im ersten Tag noch nicht halten: „Morgen gibt’s nur Dankesworte, da gibt es noch keine politische Rede. Die gibt’s vielleicht am 23., da müssen Sie sich noch ein paar Tage gedulden“, so Gauck.
Als First Lady wird Joachim Gaucks Lebensgefährtin Daniela Schadt in das Schloss Bellevue einziehen. Sie will ihn allerdings vorerst nicht heiraten. „Nur aus protokollarischen Gründen zu heiraten, das fände ich auch nicht richtig“, sagte Schadt der Zeitung „Bild am Sonntag".
+++ Hintergrund: Die Aufgabe der Bundesversammlung +++
Zu der Forderung, Gauck solle sich von seiner Ehefrau scheiden lassen, von der er seit mehr als 20 Jahren getrennt lebt, sagte Schadt: „Nachdem nicht nur Jochen und ich, sondern die ganze Familie mit unserer Regelung gut leben können, kann vielleicht auch der Rest der Gesellschaft damit leben.“ Sollte es doch einmal ein protokollarisches Problem bei einer Reise geben, „dann erkenne ich das natürlich an und komme nicht mit."
„Ich bin ganz zuversichtlich, dass ich mich auch in Zukunft mit Freunden treffen und einkaufen gehen kann“, sagte Schadt zu ihrer künftigen Rolle als Präsidentengattin. Sie wolle Gauck zu einigen Reisen und Termine begleiten. „Wie oft es sein wird, hängt von meinem eigenen ehrenamtlichen Engagement ab, das ich mir aufbauen möchte“, sagte sie. Wofür sie sich genau einsetzen werde, wolle sie in den nächsten Wochen entscheiden.
Schadt sagte, ihr Lebensgefährte werde sich nicht groß ändern. „Er wird weiter Probleme in der Gesellschaft ansprechen. Und das bestimmt nicht in glatten, nichtssagenden Worten“, sagte sie.
Mit Material von dpa, dapd und epd