Kubicki: “Er findet gar nicht statt.“ FDP nur noch bei drei Prozent in Stimmungsumfrage. Der Rückhalt für Christian Wulff schwindet.
Hamburg/Kiel. Der innerparteiliche Widerstand gegen den FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle wird schärfer. Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki hat das Erscheinungsbild der Liberalen scharf kritisiert und Westerwelle fehlende Führung vorgeworfen.
"Das Problem ist, dass Guido Westerwelle im Augenblick gar nicht stattfindet. Er scheint eine neue Rolle zu suchen", sagte Kubicki im Abendblatt-Interview. Die Auftritte einiger liberaler Spitzenpolitiker seien zudem nicht dazu geeignet, "den Eindruck des kalten Neoliberalismus zu verändern", so das FDP-Vorstandsmitglied weiter.
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Kubicki lehnte es ab, Westerwelle die Trennung vom Parteivorsitz oder vom Amt des Bundesaußenministers zu empfehlen. "Das würde man uns als Panik auslegen." Allerdings werde man mit Sicherheit den solidarischen Liberalismus nie mit der Person Guido Westerwelle verbinden können, "weil sein Erscheinungsbild so ist, dass man ihm das nicht glauben würde", betonte der Kieler FDP-Fraktionschef.
Auf die Frage, wie Westerwelle die Partei noch hinter sich bringen könnte, sagte Kubicki: "Indem er um bestimmte Meinungen auch wirbt." Doch die FDP entscheide nicht mehr allein nach Sachkriterien, sondern auch nach Konsequenzen für das schwarz-gelbe Koalitionsgefüge in Berlin.
Auch der hessische FDP-Landesvorsitzende Jörg-Uwe Hahn griff Westerwelle an. Dieser sei als Oppositionspolitiker "perfekt" gewesen. "Nachholbedarf" habe er jedoch, wenn es darum gehe, die Ämter des Außenministers, Vize-Kanzlers und FDP-Vorsitzenden zu vereinen", sagte Hahn im Hessischen Rundfunk. Zugleich wollte er ein Scheitern der schwarz-gelben Bundesregierung nicht mehr ausschließen. "Ich bin mir nicht sicher und würde keine großen Wetten eingehen, dass diese Koalition dieses Jahr überlebt." Wenn die Regierung so weitermache wie bisher und nicht einsehe, dass die Stillosigkeiten im gegenseitigen Umgang endlich aufhören müssten, könne das "nicht gut enden", fügte Hahn hinzu.
Von den Partnern in der Bundesregierung steckt vor allem die FDP in einer Glaubwürdigkeitskrise. Die Partei musste sich von ihren Steuersenkungsplänen verabschieden. Auch die Einführung einer Kopfpauschale im Gesundheitswesen gilt aufgrund des Widerstandes der CSU als abgesagt. So geraten die Liberalen auch in der Wählergunst immer stärker in den Abwärtsstrudel. In dem am Freitag veröffentlichten ZDF-Politbarometer kam die Partei bei der Sonntagsfrage nur noch auf fünf Prozent. Die aktuelle politische Stimmung ist für die FDP noch schlechter: Hier kommt die Partei nur noch auf drei Prozent.
Zugleich schwindet bei der FDP der Rückhalt für den schwarz-gelben Präsidentschaftskandidaten Christian Wulff. Die drei Vertreter der sächsischen FDP-Fraktion kündigten an, bei der Bundespräsidentenwahl geschlossen für den Kandidaten von SPD und Grünen, Joachim Gauck, zu stimmen. Auch in Schleswig-Holstein könnte es bei den Liberalen Abweichler geben. Fraktionschef Kubicki sagte, er werde an die liberalen Wahlleute keine Empfehlung abgegeben. "Die Delegierten sind nicht an Weisungen gebunden und werden sich vernünftig entscheiden."
Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) konnte bisher in der Bundesversammlung am 30. Juni auf eine rechnerische Mehrheit von mindestens 21 Stimmen hoffen - durch die FDP-Abweichler schrumpft diese aber. Auch ein Bremer FDP-Politiker will für Gauck stimmen.