Wo ist Guido Westerwelle? Als habe die schrille Sozialstaatsdebatte ihn selbst am meisten erschreckt, hält er sich seither sehr zurück. Der Außenminister und Parteivorsitzende, so formuliert es sein schleswig-holsteinischer Parteifreund Kubicki, findet nicht statt. Westerwelles Verhalten erinnert fast schon an 2003, an die Wochen nach Möllemanns Tod, als der FDP-Chef abgetaucht war.
Die Lage, in die Westerwelle sich und seine Partei manövriert hat, ist prekär. An diesem Wochenende stimmt der Landesparteitag der hessischen FDP über einen Antrag ab, der auf die Ablösung des Bundesvorsitzenden zielt - ein Signal, das seine Gegner ermutigen dürfte. Westerwelle ist der unbeliebteste Außenminister in der Geschichte der Bundesrepublik. Seine Partei ist nach neuen Umfragen in der politischen Stimmung auf drei Prozent abgesackt. Würde die Koalition jetzt zerbrechen, müssten die Liberalen um den Wiedereinzug in den Bundestag bangen.
Nach neun Jahren Westerwelle muss sich die FDP neu erfinden - bei laufendem Regierungsbetrieb, unter den Zumutungen der CSU. Ob inhaltliche Veränderungen, etwa in der Steuerpolitik oder bei den Bürgerrechten, für einen Befreiungsschlag reichen, wird in Teilen der Partei bezweifelt.
Kubicki mutmaßt, Westerwelle suche eine neue Rolle. Vielleicht findet er sie ja außerhalb der Politik. Es wäre nicht der überraschendste Rückzug dieses Jahres.