Gesine Lötzsch sagte dem Hamburger Abendblatt: „Es gibt große Schnittmengen.“ FDP-Chef Pinkwart lästert über Kraft (SPD) und Löhrmann (Grüne).
Düsseldorf/Hamburg. Noch steht die Minderheitsregierung Nordrhein-Westfalen nicht. Doch das Zünglein an der Waage für die rot-grüne Wackelkonstruktion um die Frontfrauen Hannelore Kraft (SPD) und Sylvia Löhrmann (Grüne) weist bereits den Weg: Die Linkspartei hat SPD und Grünen bei Landtagsabstimmungen schon eine Zustimmung in der Schul- und Umweltpolitik signalisiert.
In der Bildungspolitik gebe es große Schnittmengen, etwa beim gemeinsamen Lernen in der Schule und dem Ziel, Studiengebühren abzuschaffen, sagte die Linken-Bundesvorsitzende Gesine Lötzsch dem Hamburger Abendblatt. Auch bei Umwelt- und sozialen Themen gebe es Vorhaben, die SPD, Grüne und Linkspartei gemeinsam umsetzen könnten.
Lötzsch erneuerte ihre Bereitschaft, mit SPD und Grüne eine Koalition zu bilden. Die Minderheitsregierung könnte eine vertrauensbildende Maßnahme auf dem Weg dahin sein, sagte sie. Lötzsch wollte sich nicht festlegen, ob die elf Abgeordneten ihrer Partei die SPD-Landesvorsitzende Hannelore Kraft zur Ministerpräsidenten wählen werden. Darüber würden sie und der Ko-Vorsitzende Klaus Ernst in der kommenden Woche mit der Fraktion in Düsseldorf beraten.
Unterdessen hat der nordrhein-westfälische FDP-Chef Andreas Pinkwart dem Vorwurf widersprochen, er habe die schwarz-gelbe Koalition im Land aufgekündigt. In Nordrhein-Westfalen gebe es eine geschäftsführende Landesregierung aus CDU und Liberalen, und diese wolle ihre gute Arbeit dort auch fortsetzen, sagte er im Deutschlandradio Kultur. Es sei offensichtlich, dass SPD-Landeschefin Hannelore Kraft ein Argument habe suchen müssen, um ihre überraschende Kehrtwende zur Bildung einer Minderheitsregierung begründen zu können.
„Jetzt bewahrheitet sich unsere Befürchtung, die wir schon zu Beginn hatten, dass Rot-Grün gar keine ernsthaften Gespräche mit der FDP oder die SPD mit der CDU suchen wollten, sondern von vornherein wohl mit ins Kalkül gezogen hatten, eine Minderheitsregierung mit Unterstützung der Linken in Nordrhein-Westfalen durchzusetzen“, sagte Pinkwart. Dies sei „für Nordrhein-Westfalen die denkbar schlechteste Variante, die es nur geben kann“.
Die Fraktionschefin der Grünen in Nordrhein-Westfalen, Sylvia Löhrmann, setzt auf wechselnde Mehrheiten. Sicherlich werde es bei einigen Themen Zustimmung aus Reihen der Linkspartei geben, sagte sie im Deutschlandfunk. Man werbe aber auch um Stimmen von CDU und FDP.
An der Wahl der SPD-Chefin Hannelore Kraft zur Ministerpräsidentin bei der nächsten Landtagssitzung am 13. oder 14. Juli zweifelt Löhrmann nicht. Die schwarz-gelbe Regierung von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) sei eindeutig abgewählt, so die Grünen-Politikerin. Rot-Grün habe 90 Stimmen im Landtag und somit zehn Stimmen Vorsprung vor Schwarz-Gelb. „Wir müssen eine zusätzliche Stimme gewinnen, und wir laden alle Fraktionen dazu ein.“
Löhrmann betonte, sie habe „Respekt“ vor der Entscheidung Krafts, diesen Schritt zu tun. „Ich habe den Eindruck, dass es keinen Druck aus Berlin gegeben hat“, sagte die Grünen-Politikerin. „Wir sind froh, dass wir jetzt an die Arbeit gehen können.“