Die Linken-Kandidatin kritisiert Horst Köhler für seinen Rücktritt scharf. Sie sieht Wulff als neues Staatsoberhaupt.
Hamburg/Berlin. Die Präsidentschaftskandidatin der Linken, Luc Jochimsen, hat sich wie das zurückgetretene Staatsoberhaupt Horst Köhler für eine Direktwahl des Bundespräsidenten ausgesprochen: „Als Anhängerin direkter Demokratie bin ich dafür, den Bundespräsidenten vom Volk wählen zu lassen“, sagte Jochimsen dem „Hamburger Abendblatt“ (Donnerstagausgabe). Zuvor hatten die Kandidaten von Union und FDP, Christian Wulff, und von SPD und Grünen, Joachim Gauck, eine Direktwahl des höchsten Staatsamtes abgelehnt.
Zugleich kritisierte Jochimsen den Rücktritt Horst Köhlers vom Amt des Bundespräsidenten scharf. „Ich verstehe den Rücktritt bis heute nicht.“ Was Köhler zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr gesagt habe, sei am Rand der Verfassung gewesen, „doch es beschrieb die Wirklichkeit, die wir schon immer kritisiert haben“. Jochimsen sagte weiter: „Aber dass der Mann dann zurücktritt! Und wie er zurücktritt! Auf mich hat Horst Köhler einen verstörten Eindruck gemacht. Ich habe Mitleid für ihn empfunden.“
Als Vorbilder für ihre eigene Kandidatur nannte Jochimsen die früheren Bundespräsidenten Theodor Heuss und Gustav Heinemann. „Die bescheidene Bürgerlichkeit von Theodor Heuss war für mich als Schülerin sehr wichtig. Und Gustav Heinemann hat viele Reformen der bundesrepublikanischen Gesellschaft angestoßen.“ Zu Heinemann sagte Jochimsen weiter: „Als er gefragt wurde, ob er sein Vaterland liebe, hat er geantwortet, er liebe seine Frau. Das ist großartig, das werde ich nie vergessen.“
Die Kandidatin der Linkspartei lehnt es jedoch ab, sich Ratschläge bei dem Kandidaten des vergangenen Jahres, Peter Sodann, zu holen. Sie sagte: „Sodann ist ein großartiger Schauspieler und Mensch. Aber Rat holen, was die Kandidatur angeht – nein.“
Als Leitmotiv für Ihre mögliche Präsidentschaft nannte Jochimsen „Frieden“. Sie wolle zu einer friedlicheren Bundesrepublik beitragen, nach außen wie nach innen. „Die Bundesrepublik hat sich zu einer aggressiven Gesellschaft entwickelt – aggressiv auch gegen Alte und Schwache“, kritisierte die Linken-Bundestagsabgeordnete. Deutschland sei zu einem der größten Rüstungsexportländer geworden. „Und sie führt Krieg in Afghanistan. Wir müssen die Bundeswehr sofort vom Hindukusch abziehen. Und wir brauchen Friedenserziehung in den Schulen“, forderte Jochimsen.
GAUCK WARNT VOR ROT-ROT-GRÜN
Jochimsen geht fest davon aus, dass der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) nächster Bundespräsident wird. „Ich bin davon überzeugt, dass Wulff im ersten Wahlgang gewählt wird“, sagte Jochimsen dem Hamburger Abendblatt.
Zugleich machte sie deutlich, dass die Wahlmänner der Linken in der Bundesversammlung auch in einem dritten Wahlgang nicht für den Bewerber von SPD und Grünen, den ehemaligen DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck, stimmen würden. „Gauck und Wulff sind für die Linke nicht wählbar. Das würde sich in einem dritten Wahlgang nicht plötzlich ändern.“
Jochimsen griff Gauck scharf an. „Gauck kann und will niemals Vorbote für Rot-Rot-Grün sein. Das zeigt sich nicht nur bei Afghanistan, sondern auch bei der Frage, wie man 20 Jahre nach der Einheit mit den Bürgern der ehemaligen DDR umgeht“, sagte die Bundestagsabgeordnete der Linken. „Gauck ist nicht versöhnlich. Er meint, die Linke sei überflüssig. Warum sollten wir jemanden wählen, der uns für überflüssig hält?“
Jochimsen kritisierte auch Äußerungen Gaucks zu Afghanistan: „Er sagt einfach, dass die Bundeswehr den Terrorismus bekämpfe und daneben noch viel Gutes für die Menschen in Afghanistan tue. Kein Wort zu Kundus! Kein Wort zu dem Verhängnis, in dem sich dieses Land befindet!“ Es sei „nicht erheblich, ob meine Kandidatur die Aussichten von Joachim Gauck schmälert oder nicht“, sagte Jochimsen.