Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) soll möglicherweise Horst Köhler beerben. Ein Affront für Teile der Webgemeinde.
Hamburg. Es ist Dienstagnachmittag, 16.34 Uhr, als das Revival der „Zensursula“ beginnt. Gerade ist die Meldung raus, dass Ursula von der Leyen als favorisierte Nachfolgerin von Horst Köhler gehandelt wird. Gerade ein paar Minuten, und schon ist es wieder da, das Feindbild Nummer eins der deutschen Internetgemeinde. „Zensursula – not my president“, verkünden hunderte Netzaktive. Beim Kurznachrichtendienst Twitter, in den sozialen Netzwerken Facebook und StudiVZ, in Blogs und Foren. Tausende sind es mittlerweile, die Zahl der Gleichgesinnten steigt stündlich.
„Zensursula“ – so lautet von der Leyens Name in der Sprache der Netzgemeinde seit Frühjahr 2009. Noch als Bundesfamilienministerin wollte die CDU-Politikerin damals eine Sperre für Webseiten mit kinderpornografischem Inhalt durchsetzen. Ein Vorhaben, das jedoch auf viel Kritik in der digitalen Welt stieß: Solche Sperren, so ihre Argumentation, würden dem eigentlichen Problem nicht gerecht werden, sondern vielmehr einer Zensur gleichen und den gesetzlichen Weg für weitere Sperren ebnen. Und das sei eine Gefahr für die im Grundgesetz garantierte Meinungsfreiheit. Auch wenn von Leyen als Reizfigur blieb – die Diskussionen verebbten, als klar wurde, dass das Gesetz nicht umgesetzt werden würde. Bis gestern.
Dienstagnachmittag, 17 Uhr. Carsten Dobschat, Blogger aus Saarbrücken, gründet eine Gruppe bei Facebook. Er übernimmt dafür den Slogan „Zensursula – not my president“ als Titel. 20 seiner Freunde lädt Dobschat per Mausklick zum Mitmachen ein. Doch die Sache verselbstständigt sich. Um 21 Uhr gibt es mehr als 1000 Unterstützer, am Mittwochvormittag waren es schon 3000. Später erreichte die Gruppe dann eine Mitgliedermarke von über 5000. Und obwohl er weiß, dass Zensursula für viele Onliner einer Reizfigur ist, hat ihn dieser Zulauf trotzdem überrascht. „Damit habe ich absolut nicht gerechnet“, sagt Dobschat abendblatt.de.
Im Sekundentakt schreiben die User ihre Proteste auf die Gruppenseite oder verbreiten sie unter dem Stichwort „Zensursula“ bei Twitter. „Von der Leyen auf dem Weg zur Bundespräsidentin? Wo ist denn das große rote Stopp-Schild, wenn man es mal wirklich braucht?!“ fragt ein User namens „kleinergag“ in Anspielung auf jene Schilder, die bei den im letzten Jahr geplanten Sperren hätten angezeigt werden sollen, wenn eine verbotene Seite angesurft wird. Ein anderer schreibt: „Von der Leyen als Praesidentin? Nein danke. Dafür liebe ich meine Freiheit zu sehr.“
Schnell wurde außerdem ein Logo entwickelt, das eine schwarze Silhouette von der Leyens auf weißen Grund zeigt. Viele Internetnutzer haben es bereits in ihre Profile und Internetseiten hochgeladen. Auch T-Shirts mit dem Logo werden schon in Online-Shops angeboten.