Grünen-Chefin Künast verlangt von der Kanzlerin, die Banken stärker zu beteiligen. Merkel äußert sich dazu eher zurückhaltend.
Berlin. Sollte Angela Merkel tatsächlich vorgehabt haben, die Griechenland-Frage auf einen Termin nach der nordrhein-westfälischen Landtagswahl zu vertagen, so wäre dieser Plan inzwischen wohl gestorben. Rating-Agenturen haben Griechenland-Anleihen gestern auf Ramschnieveau herabgestuft. Mit Wucht rückt die Frage ins Zentrum der Debatte, ob die Kanzlerin eigentlich alles unternimmt, um die Banken an der Unterstützung Griechenlands - und damit der Rettung der gemeinsamen Währung - zu beteiligen.
Am Montag hatte sich Merkel eher zurückhaltend zu dieser Idee geäußert. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) wies aber gestern in Brüssel darauf hin, dass das Thema deshalb noch nicht vom Tisch ist: "Wir haben die Bundesregierung gebeten, zu prüfen, inwieweit der private Sektor beteiligt werden kann. Es geht nicht nur um die Banken, sondern auch um Spekulanten." Die Unionsfraktion werde darüber mit der SPD sprechen, die ihre entsprechende Forderung noch konkretisieren müsse. Kauder forderte, die Banken dürften ihre Kreditlinien gegenüber Griechenland nicht einschränken, sobald öffentliche Hilfskredite an das hoch verschuldete Euro-Land flössen. "Das wäre falsch, das würde die Krise verschärfen." Auch aus der FDP-Fraktion hieß es, man wolle die Spekulanten mit heranziehen, wenn anstehe, das 8,4 Milliarden schwere Hilfspaket für den ins Strudeln geratenen Staat zu schnüren. Dabei gehe es zudem um Pensionskassen, Versorgungswerke und Versicherungen.
Ein klarer Fall: Die Koalitionspartner treibt die Sorge um, dass sie das unpopuläre Sujet im schwarz-gelben Wahlkampf von Nordrhein-Westfalen entscheidende Sympathiepunkte kostet, zumal die Mehrheit der Deutschen Hilfen für Griechenland ohnehin abzulehnen scheint. Das Problem: Bisher hatte niemand eine Idee parat, wie eine solche Beteiligung der Gläubiger tatsächlich durchgesetzt werden kann. Das dürfte auch Angela Merkel davon abgehalten haben, das Thema in der Öffentlichkeit weiter zu traktieren.
Heute trifft sich die Kanzlerin mit dem Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, dem Vorsitzende der Weltbank, Robert Zoellick, dem Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, und dem Generalsekretär der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), Juan Somavia. Thema ist offiziell die Bewältigung der Finanzkrise. Es dürfte aber auch um die Hilfen für Griechenland gehen. Während der CDU-Mittelständler Hans Mittelbach eine internationale Gläubigerkonferenz unter Beteiligung der Finanzbranche anregte, spielten die Grünen den Ball zurück ins Kanzleramt. "Angela Merkel muss die Vorstände aller Banken, die am griechischen Desaster Geld verdient haben, zum Rapport ins Kanzleramt vorladen", sagte Fraktionschefin Renate Künast dem Hamburger Abendblatt. Die Bundeskanzlerin und der Finanzminister seien "gegenüber den Deutschen in der Pflicht, einen Weg zu finden, wie Griechenlands Gläubiger an den Finanzhilfen beteiligt werden können". Es könne nicht sein, "dass die Banken weiter zocken wie vor der Finanzkrise, dass sie auf Fälligkeitsdaten verweisen und sich an Griechenlands Notlage eine goldene Nase verdienen - und das alles auf Kosten der Steuerzahler. Wo sich Dinge nicht rechtlich regeln lassen, müssen die Banken trotzdem unter Druck gesetzt werden, sich an den Lasten zu beteiligen", bekräftigte Künast. Der Plan der Kanzlerin, das Thema auf einen Zeitpunkt nach der NRW-Wahl zu verschieben, sei jedenfalls "gescheitert".
Kauder wies solche Vorwürfe, wie sie auch von der SPD zu hören waren, zurück. Kommende Woche könne in erster Lesung über das Gesetz zu den Bürgschaften für Griechenland-Kredite beraten werden. Die zweite und dritte Lesung sei in der Folgewoche denkbar.
Der FDP-Vorsitzende und Außenminister Guido Westerwelle mahnte unterdessen noch einmal energische Sparanstrengungen Griechenlands an, bevor aus Deutschland irgendwelches Geld fließe. Es dürfe "kein Fass ohne Boden aufgemacht" werden. Unterdessen hat die Rating-Agentur Standard & Poor's auch noch die Kreditwürdigkeit Portugals heruntergestuft. Begründung: Man habe wachsende Zweifel, dass das Land mit seiner enormen Schuldenlast fertigwerden könne.