Mit der geplanten „Landarztquote“ soll gegen den Ärztemangel auf dem Land vorgegangen werden. Die Union stimmte für die Pläne.
Berlin. Wer sich für einige Jahre als Landarzt verpflichtet, soll künftig bevorzugt einen Studienplatz in Medizin erhalten. Eine solche „Landarztquote“ gehört zu den Plänen von Gesundheitsminister Philipp Rösler gegen den Ärztemangel vor allem im ländlichen Raum. Am Dienstag erhielt der FDP-Politiker dafür auch die Zustimmung der Union. Skeptisch äußerten sich der Ärzteverband Hartmannbund und die SPD. Die Einführung einer „Vorabquote“ sei bei besonderem öffentlichen Bedarf für künftige Landärzte denkbar, erfuhr die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“.
Für potenzielle Bundeswehrärzte gibt es laut Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) bereits eine solche Quote von 1,8 Prozent der Studienplätze. Derzeit werden laut ZVS 20 Prozent der Medizinstudienplätze an die Jahrgangsbesten (Notendurchschnitt 1,4) und weitere 20 Prozent nach Wartezeit vergeben. Die übrigen 60 Prozent können die Universitäten selbst besetzen.
Zwar liegt Deutschland mit 390 Ärzten je 100.000 Einwohner weit über dem internationalen Durchschnitt. Es gibt aber eine Unterversorgung im ländlichen Raum.
Rösler plädierte für eine Kombination von Gegenmaßnahmen: Den Notendurchschnitt als Zugangsvoraussetzung zu Medizinstudium (Numerus Clausus) abschaffen. Die Auswahlgespräche der Fakultäten noch stärker berücksichtigen. Mehr Studienplätze schaffen. Außerdem sollen Kommunen und Kassenärztliche Vereinigungen künftig in unterversorgten Gebieten eigene Praxen betreiben können, in den Ärzte zunächst als Angestellte arbeiten.
Die FDP-Gesundheitsexpertin Ulrike Flach sagte, um mehr Studienplätze zu schaffen, könnte der Bund ein Sonderprogramm über einige Jahre anfinanzieren, das dann in die Trägerschaft der Länder übergehe. „Auch die Vorabquote für Landärzte, ähnlich der Bewerber für den Truppendienst bei der Bundeswehr, ist ein Aspekt“, erklärte Flach.
Union für Eckpunkte noch vor Sommerpause
Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn, sagte der „Welt“ : „Wir begrüßen die Vorschläge und sollten uns in der Koalition noch vor der Sommerpause auf Eckpunkte einigen.“ Auch Menschen mit einer Zwei oder Drei im Abitur könnten gute Ärzte werden. Spahn schlug vor, 20 bis 30 Prozent der Medizinplätze für Bewerber zu reservieren, die sich verpflichten, danach in ein unterversorgtes Gebiet zu gehen.
Auch der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, plädierte für weitere Kriterien neben der Abiturnote. Berücksichtigt werden sollten das Engagement im Gesundheitswesen als Pfleger oder Sanitäter und auch ein Studiengang, der mit der Medizin kompatibel sei. Darüber hinaus müssten die Auswählgespräche der Universitäten ausgebaut werden.
Arztberuf attraktiver machen
Der Vorsitzende des Hartmannbundes, Kuno Winn, nannte es zu teuer, „ein ausblutendes System so lange per 'Druckbetankung' mit Medizinstudierenden aufzufüllen, bis schließlich eine ausreichende Zahl ausgebildeter Ärzte im System verbleibt“. Eher unwahrscheinlich sei es auch, dass sich ein 18 Jahre alter Student bereits darauf festlegt, wo er in mehr als zehn Jahren zu praktizieren gedenke.
Die SPD-Gesundheitsexpertin Carola Reimann sagte der „Frankfurter Rundschau“, zwar sei es richtig, die Hürden vor dem Medizinstudium zu senken. Das allein reiche aber nicht aus. Der Allgemeinmedizin müsse an den Hochschulen ein höherer Stellenwert eingeräumt werden.
Knapp zwei Drittel der frisch ausgebildeten Ärzte seien Frauen, sagte Reimann. Auch deshalb müsse etwas an den Strukturen verändert werden: „Der Einzelkämpfer in der Praxis mit 60 Wochenstunden kann nicht das Arztbild der Zukunft sein.“