Mittelstandschef Schlarmann warnt Merkel-Regierung: Mit Mindestlöhnen können Union und FDP die NRW-Wahl nicht gewinnen.
Berlin. Fünf Wochen vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen (NRW) hat der Vorsitzende der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung, Josef Schlarmann, der Bundesregierung vorgeworfen, mit "politischem Aktionismus" den Erfolg von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers zu gefährden. "Mit der Einführung von weiteren Mindestlöhnen wie im Pflegebereich oder staatlichen Preisvorschriften auf dem Pharmamarkt wird die Regierung ihre bürgerlichen Wähler in Nordrhein-Westfalen bestimmt nicht erreichen", sagte Schlarmann dem Hamburger Abendblatt. "Für das bürgerliche Lager ist die Wahl nur in der Mitte zu gewinnen. Links davon ist für Union und Liberale nichts zu holen. Angela Merkel und ihre Minister sind also in die falsche Richtung losgeprescht."
Auf die Frage, ob sich dieser Fehler so kurz vor der NRW-Wahl noch korrigieren lasse, antwortete der CDU-Politiker: "Vorausgesetzt, die Bundesregierung macht endlich Schluss mit ihrem politischen Aktionismus". Zu diesem Aktionismus gehöre auch die gerade beschlossene Bankenabgabe.
Schlarmann empfahl Bundeskanzlerin Merkel, im Vorfeld der Landtagswahl die wichtigsten mittelständischen Unternehmen in Nordrhein-Westfalen zu besuchen. "Mit einer solchen Reise würde die Kanzlerin zeigen, dass sie nicht im Elfenbeinturm regiert, sondern genau weiß, wer sich in der Krise wirklich bewährt hat: der Mittelstand."
Die mittelständischen Unternehmen, so Schlarmann, hätten schließlich die eigentlichen Anstrengungen zur Bewältigung der Krise erbracht. Der angestellte mittelständische Unternehmer sei eben nicht der Manager, der in erster Linie an sein persönliches Einkommen denke. Schlarmann fügte hinzu, wenn der Chef der Deutschen Bank im Krisenjahr 2009 9,6 Millionen Euro verdient habe, dann könne man das kritisieren oder auch nicht. "Nicht hinnehmbar ist es allerdings, dass Josef Ackermann zu Angela Merkel durchgestellt wird, wenn er im Kanzleramt anruft, und wichtige mittelständische Unternehmer allenfalls beim Abteilungsleiter landen. Diese Vorgehensweise spricht von einer völlig falschen Sichtweise in der Politik."
Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Fuchs, forderte die Regierungskoalition im Vorfeld der Wahl zum Schulterschluss auf. "Hilfreich wäre es, wenn wir uns einfach mal vertragen und 35 Tage lang den Mund halten", sagte Fuchs der "Rheinischen Post". Inhaltlich widersprach er Schlarmann. Es sei "völliger Unfug", dass der wirtschaftspolitische Kurs der Bundesregierung einen bürgerlichen Wahlsieg in NRW gefährde.
SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft zeigte sich zuversichtlich, Rüttgers nach der Wahl am 9. Mai ablösen zu können. "Wenn die SPD stärkste Kraft wird, reicht es auch für Rot-Grün", sagte Kraft am Wochenende. Danach sieht es aber noch nicht aus. Nach einer Emnid-Umfrage im Auftrag von "Bild am Sonntag" hat die CDU mit 38 Prozent einen klaren Vorsprung vor der SPD (32 Prozent). Allerdings würde es für die CDU mit der FDP (8 Prozent) nicht mehr für eine Regierungsbildung reichen, da Emnid die Grünen bei 12 Prozent sieht. Vorausgesetzt, die Linke (7 Prozent) schaffte tatsächlich den Sprung in den Düsseldorfer Landtag, sind derzeit rechnerisch ein schwarz-grünes Bündnis, eine Große Koalition und eine rot-rot-grüne Regierung möglich.