Nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit sind die Waffenexporte laut einer neuen Studie gestiegen. Friedensforscher warnen vor einem Wettrüsten.

Stockholm/Berlin. Deutschland hat seine Rüstungsexporte in den vergangenen fünf Jahren vor allem durch U-Boote und Panzerfahrzeuge mehr als verdoppelt. Nach Erhebungen des Friedensforschungsinstitutes SIPRI (Stockholm International Peace Research Institute) stieg der deutsche Weltmarktanteil auf elf Prozent für den Zeitraum zwischen 2005 und 2009. Noch mehr exportierten nur die USA mit 30 Prozent und Russland mit 23 Prozent. Von 2000 bis 2004 hatte der deutsche Weltmarktanteil noch bei sechs Prozent gelegen. Wichtigstes Abnehmerland für die deutsche Rüstungsindustrie war die Türkei, an die 14 Prozent der Ausfuhren gingen. Griechenland nahm 13 Prozent ab und Südafrika 12 Prozent. Das schwedische Institut gab keine Zahlen für den finanziellen Wert an. SIPRI kommt aber regelmäßig zu höheren Angaben über deutsche Rüstungsexporte als die Bundesregierung, weil das Institut Kompensationsgeschäfte und den Handel mit gebrauchter Bundeswehrausrüstung sowie „Geschenke“ durch Schätzwerte in die Statistik einbezieht.

Vor diesem Hintergrund fordern die Grünen ein Vetorecht des Bundestages bei Waffengeschäften. Der Bericht zeige, „dass wir in Deutschland eine viel stärkere Rüstungskontrolle und schärfere Kriterien für den Waffenexport brauchen“, sagte die Grünen- Parteichefin Claudia Roth dem „Kölner-Stadt-Anzeiger“. Der Bundestag müsse, „wie es in anderen Ländern und Parlamenten ja Standard ist, endlich das Recht bekommen, die Bundesregierung in Sachen Rüstungsexporte zu kontrollieren“.

Der Vize-Fraktionschef der Linken, Jan van Aken, nannte den Anstieg deutscher Rüstungsexporte „grauenvoll“ und forderte einen Exportstopp. Hierzulande „darf es keine Arbeitsplätze geben, die darauf beruhen, dass woanders Menschen sterben“, sagte er der „Frankfurter Rundschau“.

Gelassen zeigte sich der sicherheitspolitische Sprecher der SPD- Bundestagsfraktion, Rainer Arnold. „Der zweite Blick lohnt sich“, sagte er der „Frankfurter Rundschau“. Er könne „nichts Verwerfliches“ daran finden, wenn deutsche Firmen zu einem immer größeren Teil Waffen an NATO-Partner lieferten. Bei Lieferungen in andere Länder müsse man „sehr kritisch“ sein. Er selbst schaue bei Exporten von Handfeuerwaffen etwa in arabische Staaten genau hin. Allerdings „wollen wir, dass sie den Terror bekämpfe“.

Weltweit ermittelte SIPRI bei den am Montag in Stockholm veröffentlichten Angaben einen Anstieg des Waffenhandels in den letzten fünf Jahren um 22 Prozent. Das meiste Geld mit Waffen machen weiterhin die USA. Sie sind laut der Studie für 30 Prozent der weltweiten Waffenlieferungen verantwortlich, wobei 39 Prozent der US-Geschäfte mit Kampfflugzeugen gemacht werden. In Russland stammen 40 Prozent der Rüstungseinnahmen aus Geschäften mit Kampfflugzeugen.

Generell habe der Handel mit extrem teuren Kampfflugzeugen deutlich zugenommen. „Staaten mit entsprechenden Ressourcen haben erhebliche Mengen geordert.Die Reaktion von Rivalen aus der jeweiligen Region bestand dann darin, ebenfalls zu bestellen“, sagte Paul Holtom, SIPRIS Forschungschef zum Waffenhandel.

Das Institut sieht die Gefahr eines regelrechten Wettrüstens in besonders spannungsgeladenen Regionen und nennt dabei den Nahen Osten, Nordafrika, Südamerika, Südasien und Südostasien. Beispielsweise habe es in Südostasien seit Beginn des Jahrtausends einen „spektakulären Anstieg“ beim Waffenimport gegeben. So habe Malaysia seine Rüstungsausgaben um 722 Prozent erhöht. Nach Südamerika wiederum wurden in den vergangenen fünf Jahren 150 Prozent mehr Waffen geliefert als zu Beginn des Jahrtausends.