Düsseldorf. Auf ihren Stellvertreter konnte sich Margot Käßmann bis zum Schluss verlassen: Noch in der Telefonkonferenz des Rates der Evangelischen Kirche am Dienstagabend stärkte der rheinische Präses Nikolaus Schneider (62) der angezählten Bischöfin den Rücken. "Ich war bereit, die schwierigen Zeiten mit ihr durchzustehen", sagte er gestern. "In guten Zeiten freut man sich und in schwierigen steht man zusammen." Jetzt steht der bisherige Vize plötzlich allein an der Spitze der 25 Millionen deutschen Protestanten - zumindest vorerst.
Der Theologe gilt als erfahrener, moderater Kirchenmann, sozialpolitisch engagiert, politisch gut vernetzt und ist auch in Ökumenefragen weithin bekannt. Wie lange er an der EKD-Spitze stehen wird, ist offen. Er selbst sagt diplomatisch: "Darüber muss die Synode entscheiden." Er sehe aber derzeit keine Anzeichen für die Notwendigkeit, schnell eine EKD-Sondersynode einzuberufen. Die nächste reguläre EKD-Synode findet im November statt. Bis dahin wäre auch Zeit genug, das Feld möglicher Kandidaten neu zu sichten, auf dem vor Käßmanns Wahl die Bischöfe Ulrich Fischer (Baden), Frank Otfried July (Württemberg) und Martin Hein (Kurhessen-Waldeck) gefunden wurden.
"Es gibt keinen eindeutigen Favoriten für die Nachfolge", sagte das Hamburger EKD-Ratsmitglied Uwe Michelsen zum Abendblatt. Beobachter gehen davon aus, dass der Rat auf einen Kandidaten setzt, der nach der Unruhe der letzten Monate eher für Kontinuität steht. "Es wird wohl eher jemand, der nicht dauernd Eskapaden macht", so ein Insider. Ziemlich sicher sei zudem, dass ein Mann in das höchste Amt der Evangelischen Kirche gewählt werde. Unklar ist auch noch, wie es in der hannoverschen Landeskirche weitergeht. Es wird nicht nur ein neuer Bischof, sondern auch ein neuer Chef für die Leitung des EKD-Kirchenamts in Hannover gesucht. Der bisherige Leiter, Hermann Barth (65), geht in den Ruhestand - und bisher ist niemand in Sicht, der diese Schlüsselposition in der EKD übernehmen könnte.