In der CDU ist zum Auftakt der traditionellen Klausurtagung ein Führungsstreit über die künftige Steuerpolitik entbrannt.
Berlin. In der CDU ist zum Auftakt der traditionellen Klausurtagung ein Führungsstreit über die künftige Steuerpolitik entbrannt. Spitzenpolitiker der Partei wandten sich in Berlin offen gegen die Steuersenkungspläne von Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel. Der Parteivorstand will am Freitag die „Berliner Erklärung“ verabschieden, in der neben Steuersenkungen eine strategische Neuausrichtung zur Gewinnung weiterer Wählerschichten steht.
Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller kündigte nach Angaben von Teilnehmern an, er werde die „Berliner Erklärung“ nicht unterschreiben. Darin spricht sich die CDU-Spitze für den „Einstieg in eine Steuerstrukturreform mit dem Ziel der Vereinfachung und Entlastung“ aus, wie sie auch der Koalitionspartner FDP fordert.
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe erklärte am Abend, Müller habe Wert darauf gelegt, dass es bei der Formulierung zum Thema Steuersenkungen einen ausdrücklichen Hinweis auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben der Schuldenbremse geben müsse. Diese Ergänzung werde in die Erklärung aufgenommen, Müller habe daraufhin seine „ausdrückliche Zustimmung“ bekundet.
Kritik an den geplanten Steuersenkungen kam aber auch von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer. Er könne sich eine Steuersenkung im Umfang der bisher geplanten 20 Milliarden Euro „gegenwärtig nicht vorstellen“, sagte der CDU-Politiker.
Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff verwies wie sein nordrhein-westfälischer Amts- und Parteikollege Jürgen Rüttgers auf die Steuerschätzung im Mai. Erst dann könne über den Umfang von Steuersenkungen entschieden werden, erklärten die beiden CDU-Politiker übereinstimmend.
Nach anhaltender Kritik hatte Merkel unmittelbar vor der Klausurtagung ein Machtwort gesprochen. „Ich stelle die Steuerstrukturreform nicht in Frage. Sie ist nach dem Koalitionsvertrag möglichst bis 2011 umzusetzen. Dabei bleibt es“, sagte sie dem „Handelsblatt“.
Kampfansage an die politische Konkurrenz
Bestandteil der „Berliner Erklärung“ ist dem bisher vorliegenden Entwurf zufolge auch eine neue programmatische Ausrichtung der CDU, mit der Wähler von SPD, Grünen und FDP ins Unionslager geholt werden sollen. Es sei entscheidender denn je, „die eigenen Stammwähler zu binden und neue Wähler hinzuzugewinnen“, heißt es in dem Papier, das der DAPD vorliegt.
Hintergrund sind Analysen von Wahlforschern. Demnach konnte die FDP bei der Bundestagswahl Zugewinne verbuchen, weil CDU-Stammwähler die Liberalen wählten, um eine Neuauflage der Großen Koalition zu verhindern. Die Union hatte im September 2009 mit 33,8 Prozent der Stimmen ihr schlechtestes Ergebnis seit 1949 eingefahren.
Eine Wahlanalyse stand im Mittelpunkt des ersten Tages der Klausurtagung. Als Gast war der Leiter der Forschungsgruppe Wahlen, Matthias Jung, eingeladen worden.
Am Abend standen auf der Klausurtagung Gespräche mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, und der EKD-Ratsvorsitzenden Margot Käßmann auf dem Programm. Schwerpunkt am Freitag ist die Arbeitsplanung für 2010 und die Verabschiedung der „Berliner Erklärung“. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wird über „Konsequenzen aus der Wirtschafts- und Finanzmarktkrise“ vortragen.