CDU-Generalsekretär nennt das Erscheinungsbild der Koalition verbesserungswürdig. Die Opposition spricht von “Chaos-Combo“.
Berlin. Der CDU-Generalsekretär mochte die Lage am Freitag nicht länger schön reden. Das Erscheinungsbild der schwarzgelben Koalition sei "weiß Gott verbesserungswürdig", klagte Hermann Gröhe im Südwestrundfunk. CDU/CSU und FDP hätten zunächst die beschlossenen Entlastungen für Familien herausstellen sollen, statt sich "um nächste Schritte in die Haare zu kriegen". Er gehe aber davon aus, so Gröhe weiter, "dass, wenn jetzt die Arbeit im Parlament, im Kabinett wieder losgeht, die Sache im Vordergrund steht, und dass die Menschen das auch honorieren werden".
Danach sieht es zurzeit allerdings noch nicht aus. Der Steuerstreit hat die neue Bundesregierung in eine Vertrauenskrise gestürzt. Zwei Drittel der Deutschen stehen unter dem Eindruck, dass die Koalitionspartner keinen gemeinsamen Kurs steuern, und 82 Prozent der Deutschen sind der Meinung, dass Kanzlerin Angela Merkel "die politische Richtung klarer vorgeben" müsste. Gerade mal die Hälfte der Bundesbürger traut Schwarzgelb überhaupt noch zu, mit der Krise fertig zu werden. Laut Umfrage, die Infratest im Auftrag der ARD für den monatlichen DeutschlandTrend gemacht hat, kostet die allgemeine Unzufriedenheit die Kanzlerin im Januar sogar erstmals den Spitzenplatz auf der Beliebtheitsskala: Im Vergleich zum Dezember verliert Merkel elf Punkte und liegt nun mit 59 Prozent Zustimmung hinter Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Der muss zwar auch Federn lassen, kommt aber nach Abzug von sieben Punkten immerhin auf 62 Prozent. Da geht die gute Nachricht fast unter: Mehrheitlich, genau gesagt zu 58 Prozent, halten die Bürger Steuersenkungen gar nicht für richtig. Selbst die FDP-Anhänger sind zu 52 Prozent dagegen. Grund dafür ist die Rekordverschuldung des Staates und die Sorge, dass die Talsohle noch nicht durchschritten ist. 64 Prozent der Befragten gehen nämlich davon aus, dass "der schlimmste Teil der Krise noch bevorsteht".
Diese Zahlen sind aber offenbar verhallt. FDP-Finanzpolitiker Hermann Otto Solms erklärte, die FDP werde auf jeden Fall an den Steuersenkungen festhalten. "Wir haben bei der Bundestagswahl mit diesem Thema ein außerordentlich positives Ergebnis erzielt", sagte Solms im WDR. Die aktuellen Umfrageergebnisse führte er auf ein "Veröffentlichungswirrwarr aus den Reihen der Koalition" zurück. Und der Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bekräftigte, die Bundesregierung halte daran fest, die Steuerzahler 2011 um 24 Milliarden Euro zu entlasten. Davon seien bereits 4,5 Milliarden Euro durch die Erhöhung von Kindergeld und Kinderfreibetrag erbracht worden, "insofern ist das zu erbringende Volumen noch 19,5 Milliarden Euro". Allein die CSU, die die Steuerreform seit Wochen in Frage stellt, sah sich bestätigt. Die Menschen hätten "einen sehr guten Spürsinn dafür, was machbar ist und was nicht", sagte Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich.
Zur allseitigen Überraschung nannte Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans das für den 17. Januar angesetzte Sechsaugengespräch zwischen den Parteivorsitzenden Guido Westerwelle (FDP), Horst Seehofer (CSU) und Angela Merkel(CDU) dann noch ein "normales" Dreiertreffen. Es sei ja das erste seit Ende Oktober, und das beweise, "wie gut die Arbeit läuft". Im Übrigen bewerte auch die Kanzlerin die Arbeit der Koalition als "gut". Die Opposition lag allerdings eher auf Hermann Gröhes Linie. Union und FDP kündigten jetzt bereits zum dritten Mal einen "Neustart" an, sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles mit Blick auf den 17. Januar spöttisch. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast nannte die Bundesregierung eine "Chaos-Combo".