Viele Deutsche trauen ihren Volksvertretern keine Kompetenz zu bei Fragen rund um Online-Datenschutz und Netz-Politik.
Berlin. Der Papst schickt eigenhändig E-Mails. Benedikt XVI. hat auch mit 82 Jahren keine Schwierigkeiten, sich der neuen Kommunikationsmittel zu bedienen, von denen nicht einmal Visionäre träumten, als er 1927 geboren wurde. Der Vatikan hat unlängst eine Kommission eingerichtet, die die Kathedralen des 21. Jahrhunderts im Internet bauen soll.
Und was veranstaltet die Bundesregierung, was die Opposition beim Thema Web 2.0? Nach einer Umfrage des Branchenverbandes Bitkom wollen 60 Prozent der Deutschen, dass die Internetpolitik in der neuen Legislaturperiode ein wichtiges oder sehr wichtiges Thema sein soll. Ihren gewählten Volksvertretern attestieren die Bürger nur geringe Internetkompetenz. Nur 44 Prozent sind der Ansicht, dass in der Politik genügend Sachkenntnis über die technischen und wirtschaftlichen Hintergründe des Internets existiert. 40 Prozent glauben, das Wissen der Politiker reiche nicht aus. 62 Prozent der Befragten stimmen zu, dass Politiker zunächst einen „Internet-Führerschein“ machen sollten, bevor sie sich zur Internetpolitik äußern.
„Wir begrüßen, dass die Regierungsparteien in der Koalitionsvereinbarung erstmals einen Schwerpunkt in der Internetpolitik gesetzt haben“, sagte Bitkom-Präsident Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer. „Nun muss die Politik inhaltlich nachlegen, um das Vertrauen der Bevölkerung in ihre Entscheidungskompetenz zu stärken.“ Zur „Internetpolitik“ zählen der Datenschutz in der Telekommunikation und in Online-Netzwerken, der Schutz von geistigem Eigentum im Netz und die Bekämpfung der Kriminalität im World Wide Web.
„Das rechte Maß zwischen Freiheitsrechten und öffentlicher Sicherheit muss in der digitalen Welt noch gefunden werden“, sagte Scheer. „Geht die Politik nicht mit Augenmaß vor, verliert sie den Rückhalt in der Bevölkerung.“ Die Piratenpartei, die die Netzpolitik auf Platz eins der Tagesordnung stellte, hat bei der Bundestagswahl auf Anhieb 2 Prozent der Stimmen erreicht. Laut Bitkom-Umfrage kennen 70 Prozent der Bundesbürger die Piratenpartei, auch zwei Drittel der Menschen ab 65 Jahren ist die Piratenpartei ein Begriff. (ryb)