Die „leicht günstigere Einschätzung“ helfe, die Maßnahmen bei der Erbschaftssteuer und der Familienentlastung zu verkraften.
Hamburg/Berlin. Nach Bekanntgabe der Steuerschätzung hat der stellvertretende CDU-Vorsitzende Christian Wulff die schwarz-gelbe Bundesregierung vor einer überstürzten Strukturreform des Steuersystems gewarnt. „Die große Steuerstrukturreform muss in Ruhe erarbeitet werden“, sagte Wulff dem Hamburger Abendblatt (Freitagausgabe). Dass Deutschland eine Steuerreform nach den Grundsätzen einfacher, niedriger und gerechter brauche, könne dabei nicht bezweifelt werden.
Der niedersächsische Ministerpräsident sprach sich dafür aus, die bislang für das kommende Jahr vorgesehene Neuverschuldung von 86,1 Milliarden Euro nicht zu überschreiten. „Die leicht günstigere Einschätzung der Steuerschätzer hilft uns, im Rahmen der für 2010 vorgesehenen Nettoneuverschuldung die sinnvollen Maßnahmen der neuen Bundesregierung bei der Erbschaftssteuer, der Unternehmenssteuer und der Familienentlastung zu verkraften“, sagte Wulff.
Bund, Länder und Gemeinden müssen in diesem Jahr mit knapp drei Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen auskommen, als noch im Mai angenommen wurde. Die gesamten Steuereinnahmen des Staates betragen nach der Steuerschätzung 524,1 Milliarden Euro im laufenden Jahr und 511,5 Milliarden Euro im kommenden Jahr. Die Prognose für 2010 wurde gegenüber der Mai-Schätzung leicht um rund 1,1 Milliarden Euro angehoben. Grund sind die etwas besseren Konjunkturaussichten.
Für den Bund ergeben sich wegen niedrigerer Abführungen an die EU sogar im laufenden Jahr Mehreinnahmen von 1,5 Milliarden Euro. Länder und Gemeinden müssen 2009 hingegen ein Minus von 2,0 beziehungsweise 1,0 Milliarden Euro einkalkulieren.
Zugrundegelegt haben die Schätzer, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2009 um 3,9 Prozent schrumpft und 2010 um 1,6 Prozent wächst. Dies entspricht gegenüber der Steuerschätzung vom Mai einer Aufwärtskorrektur von plus 1,4 beziehungsweise 0,4 Prozentpunkten.
Die Kommunen sehen sich bei Umsetzung der schwarz-gelben Steuersenkungspläne in ihrer Existenz gefährdet. „Viele Städte können weitere Mindereinnahmen definitiv nicht verkraften“, sagte die Präsidentin des Deutschen Städtetags, Petra Roth. Die Haushalte vieler Städte drohten zwischen zwei Mühlsteinen zerrieben zu werden: zwischen sinkenden Steuereinnahmen und steigenden Sozialausgaben. „Es muss verhindert werden, dass Kommunen finanziell zusammenbrechen.“ Es gebe Kommunen, „die haben 70 Prozent weniger Gewerbesteuereinnahmen als 2008“.