Noch geben sich CDU und FDP bei der Koaltionsverhandlung harmonisch. Dennoch droht Streit, denn die Liberalen wollen Hartz IV abschaffen.
Berlin. Die FDP will in den Koalitionsverhandlungen mit der Union darauf dringen, Hartz IV abzuschaffen. „Wir wollen Hartz IV durch ein leistungsfreundlicheres und arbeitsplatzschaffendes Bürgergeld ersetzen“, sagte der Finanzexperte der Liberalen, Hermann Otto Solms, der Tageszeitung „Die Welt“. Solms wird als künftiger Bundesfinanzminister gehandelt. Er verwies darauf, dass es auch in der Union Befürworter eines solchen Systemwechsels in der Sozialpolitik gebe.
Die Einführung eines Bürgergelds hätte nach den Plänen der FDP zur Folge, dass alle Sozialleistungen, die sich aus Steuern finanzieren, zusammengefasst werden. Dazu zählt die Partei das Arbeitslosengeld II einschließlich der Leistungen für Wohnen und Heizung, das Sozialgeld, die Grundsicherung im Alter, die Sozialhilfe, der Kinderzuschlag und das Wohngeld. Solms verspricht sich von der Reform weniger Bürokratie, eine geringere Missbrauchsquote sowie stärkere Anreize zur Arbeitsaufnahme. „Mit dem Bürgergeld können die Betroffenen ein jeweils höheres Nettoeinkommen erzielen“, sagte er. In der Vergangenheit hatten sich etwa auch Thüringens Nochministerpräsident Dieter Althaus (CDU) und der Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts, Thomas Straubhaar, für ein Bürgergeld ausgesprochen.
Das Bürgergeld war längst nicht der einzige Punkt, der bei den neunstündigen Koalitionsverhandlungen auf den Tisch kam. Union und FDP haben aufs Tempo gedrückt und alle Themenfelder angesprochen. Erst um kurz vor Mitternacht verließen die Wunschkoalitionäre am Montag die Landesvertretung Nordrhein-Westfalens am Berliner Tiergarten. „Es war eine sehr gute Stimmung, es war ein sehr guter Tag“, sagte FDP-Chef Guido Westerwelle. Zufriedene Miene auch bei NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU):„Wir sind sehr, sehr weit gekommen. Es hat überhaupt nirgendwo gehakt. Es hat keinen Punkt gegeben, an dem wir gesagt hätten: „Da kommen wir nicht klar“.
Trotz der Beteuerungen Westerwelles könnte sich neben dem Bürgergeld auch beim Themenfeld Innere Sicherheit Streitpunkte zwischen den Wunschpartnern ergeben. Die FDP beharrt hier auf Zugeständnisse seitens der Union. Der hessische FDP-Vorsitzende und Justizminister Jörg-Uwe Hahn forderte Änderungen am Gesetz über die Kompetenzen des Bundeskriminalamts (BKA). „Wir wollen nicht, dass es Angriffe auf Privat-PC gibt“, sagte Hahn der „Frankfurter Rundschau“. „Wir möchten das System wieder umdrehen. An die Adresse der Union, die eine Änderung des BKA-Gesetzes bislang ablehnt, sagte Hahn: „Ich habe das Gefühl, dass die Kollegen der Union in den letzten Jahrzehnten keine Koalitionsverhandlungen mehr geführt haben. Sie können nur verlieren.“ Bei Verhandlungen müsse jeder auf dem Weg zum Kompromiss auch von seinen Positionen abrücken. Hahn gehört in den Koalitionsverhandlungen der Arbeitsgruppe Innen und Recht an.