Wer wird künftig Deutschlands kleinsten Flächenstaat regieren? Linksparteichef Oskar Lafontaine rechnet mit einer rot-rot-grünen Koalition.
Saarbrücken/Berlin. Im Saarland drücken CDU und SPD nach der Landtagswahl bei der Suche nach möglichen Regierungspartnern aufs Tempo. Die Union habe bereits erste Gesprächsangebote an die Grünen, die FDP und die SPD gemacht, sagte Ministerpräsident Peter Müller (CDU) am Montagabend in Saarbrücken. Er betonte trotz der schweren Einbußen und des Verlusts der absoluten Mehrheit am Sonntag den Führungsanspruch der CDU.
Für ein mögliches Bündnis mit FDP und Grünen signalisierte Müller Entgegenkommen in wichtigen landespolitischen Fragen, etwa bei der von den Grünen geforderten Abschaffung der Studiengebühren. „Die Bereitschaft, über diese Fragen zu reden, besteht.“ Alle Parteien rechnen mit langen und schwierigen Verhandlungen. Ob es noch vor der Bundestagswahl am 27. September klare Vereinbarungen über mögliche Koalitionen geben wird, ist offen.
Auch SPD-Landeschef Heiko Maas will nun rasch Sondierungsgespräche mit Grünen und Linkspartei aufnehmen. Dafür habe ihm die Partei den Auftrag erteilt, sagte Maas am Abend in Saarbrücken. „Ziel der Gespräche ist die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit beiden Partnern“, heißt es in dem Beschluss des Landesvorstands. Maas betonte wie Müller seinen Anspruch auf das Amt des Ministerpräsidenten.
„Es ist üblich und klar, dass nicht die Nummer zwei oder drei mit der Regierungsbildung beauftragt ist, sondern die Nummer eins“, sagte hingegen CDU-Fraktionschef Jürgen Schreier. Die Verluste für die Union seien schmerzlich, aber die CDU sei weiter stärkste Kraft. „Heiko Maas hat 6,3 Prozent Minus. Sieht so ein Wahlsieger aus?“, fragte Schreier.
Die CDU hatte bei der Wahl 13 Punkte verloren und war auf 34,5 Prozent abgestürzt. Zwar bleibt die CDU damit stärkste Kraft an der Saar, doch ist nach dem sensationellen Wahlerfolg der Linken das erste rot-rot-grüne Bündnis in einem westdeutschen Bundesland möglich. Müller könnte in einem Jamaika-Bündnis aus CDU, FDP und Grünen oder in einer großen Koalition an der Macht bleiben. Die SPD war auf 24,5 Prozent gekommen, die Linkspartei auf 21,3, die FDP auf 9,2 und die Grünen auf 5,9 Prozent.
Auch die Grünen wollen in Kürze über das weitere Vorgehen beraten. Der Vorstand der Linkspartei will an diesem Dienstag zusammenkommen. Die FDP strebt ein Bündnis mit CDU und Grünen an. Grünen-Chef Hubert Ulrich will mit allen politischen Kräften im Land Gespräche über mögliche Bündnisse führen. Er kündigte in Berlin nicht nur ausführliche Verhandlungen mit SPD und Linken an, sondern auch mit CDU und FDP. Die Bundesspitze der Grünen äußerte sich skeptisch über ein Jamaika-Bündnis an der Saar. Die Grünen sind im Saarbrücker Landtag das „Zünglein an der Waage“, da sowohl Schwarz-Gelb als auch Rot-Rot jeweils auf 24 Sitze kommen.
Linksparteichef Oskar Lafontaine rechnet mit einer rot-rot-grünen Koalition. „Im Saarland ist die große Koalition sehr unwahrscheinlich“, sagte Lafontaine am Montag nach einer Vorstandssitzung in Berlin. Seine Partei gehöre zu den Gewinnern des Wahlsonntags. „Schwarz-Gelb hat seine Grenzen aufgezeigt bekommen, und die SPD freut sich schon, wenn sie da und dort weniger verliert und durch uns Chancen bekommt.“ Es freue ihn, „dass wir durch unser Ergebnis der SPD eine neue Machtperspektive eröffnet haben“.