„Wir alle haben die Aufgabe, den Einsatz zu erklären.“ Der amerikanische Afghanistan-Beauftragte attackiert Präsident Hamid Karsai.
Letzlingen/London. Mahnende Worte von Horst Köhler und diplomatisches Durcheinander zwischen den USA und Afghanistan: Der Bundespräsident hat auf einem Stützpunkt in der Nähe von Magdeburg vor Soldaten eine breite gesellschaftliche Debatte über das Engagement der Bundeswehr in Afghanistan gefordert. „Wir alle, vor allem in der Politik, haben die Aufgabe, den Einsatz in Afghanistan zu erklären“, sagte Horst Köhler bei einem Besuch im Gefechtsübungszentrum der Bundeswehr in Letzlingen. „Die Soldaten haben unser aller Anerkennung und Dank verdient.“
Wegen des Verlaufs der Wahlen in Afghanistan sind derweil führende Außenpolitiker der USA sichtlich verstimmt. Barack Obamas Afghanistan-Beauftragter Richard Holbrooke hat bei einem Treffen mit Afghanistans Präsident Hamid Karsai große Bedenken wegen mutmaßlicher Fälschungen und Manipulationen geäußert. Das berichtet der britische Rundfunksender BBC unter Berufung auf hochrangige Quellen. Holbrooke habe erklärt, eine Stichwahl würde dem Wahlergebnis mehr Glaubwürdigkeit verleihen. Karsai, der ebenso wie sein größter Herausforderer Abdullah Abdullah am Tag nach der Wahl den Sieg beansprucht hatte, habe wütend reagiert.
Ein hochrangiger US-Regierungssprecher bestätigte dem Sender CNN, dass es einen verbalen Schlagabtausch zwischen Holbrooke und Karsai gegeben habe. Das Essen, bei dem die Auseinandersetzung stattfand, habe aber „freundschaftlich“ geendet, und es habe danach weitere Treffen der beiden Politiker gegeben. Bisher liegen erst wenige Teilergebnisse des Wahl vom 20. August vor, nach denen weder Karsai noch sein größter Herausforderer Abdullah Abdullah im ersten Wahlgang die erforderlich absolute Mehrheit erreicht hat. Das Endergebnis wird für Mitte September erwartet. Falls der Sieger dann noch nicht feststeht, kommt es zur Stichwahl.
Bundespräsident Köhler nahm sich bei seinem Besuch des Stützpunktes auch der Ängste der Soldaten an. „Sie wissen, dass Kampfeinsätze nicht vermeidbar sind und sie stellen sich dem.“ Köhler zeigte sich optimistisch, dass der internationale Friedenseinsatz in Afghanistan trotz der Vielzahl von Problemen am Ende zum Erfolg führe. Er sei froh darüber, dass die US-Amerikaner inzwischen stärker darauf setzten, die Menschen im Land von den Zielen des Einsatzes zu überzeugen. „Wenn wir eine bessere Balance zwischen militärischem und zivilem Teil bekommen, haben wir mehr Chancen auf Erfolg“, sagte Köhler. „Es ist verfrüht und falsch, heute zu sagen, die alliierten Kräfte könnten sich dort nicht erfolgreich betätigen."