Türkische Begeisterung mit grünem Kopftuch, Rechtsradikale, die sich fotografierten und ein Gegenkandidat, den kaum einer kennt.

Voller Begeisterung reagierte Canan Ulufer auf die Wahl des türkischstämmigen Cem Özdemir an die Parteispitze: "Ich habe mich extra als Delegierte wählen lassen, weil Cem für mich schon als Kind ein Vorbild war", erzählt die 29-jährige Hamburgerin. "Seine Wahl ist ein kleiner Schritt für die Grünen, aber ein großer Schritt für die Migranten." Er werde eine Brücke sein zwischen Migranten und der Mehrheitsgesellschaft. Die Frau mit dem grünen Kopftuch hofft, dass es in 20 Jahren ganz normal sein wird, dass Deutschtürken herausragende Positionen in der Politik einnehmen.

Unerwünschter Besuch betrat hinter dem Rücken der feiernden Grünen am Samstagabend die Erfurter Messehalle: Rechtsradikale drangen in das Gebäude ein und fotografierten sich, die Arme zum Hitlergruß ausgestreckt, vor dem Grünen-Emblem. Die Polizei wurde gerufen, dem Sicherheitspersonal der Marsch geblasen.

Kaum jemand hatte zuvor von dem Mann gehört, der sich gegen Cem Özdemir für den Posten des Parteivorsitzenden bewarb: Lars Willen. Der 40-jährige Oldenburger hatte satzungsgemäß seine schriftliche Bewerbung eingereicht: Ihm sei an privater Energieerzeugung gelegen und an der Förderung "nachwachsender Rohstoffe wie zum Beispiel Hanf". Wohl ahnend, dass seine Chancen nahe Null lagen, war Willen gar nicht erst zum Parteitag erschienen. Er bekam 9 der 779 Delegiertenstimmen.