Kommentar

Abgeordnete des Deutschen Bundestags sind Menschen mit wenig Zeit. Das ist keine Legende, sondern eine Tatsache. Und um Zeit zu sparen, fliegen sie nach Berlin oder von der Hauptstadt in ihren Wahlkreis und zu dienstlichen Gesprächen. Daran ist nichts auszusetzen. Denn wer als gewählter Volksvertreter Termine in ganz Deutschland wahrnehmen muss, zuweilen auch zwei oder drei pro Tag an unterschiedlichen Orten im Land, dem ist nicht zuzumuten, dies mit dem Auto oder der Bahn erledigen zu müssen. Es ist auch nichts dagegen einzuwenden, dass die Abgeordneten dabei Bonusmeilen sammeln. Das tun Vielflieger aus der Wirtschaft auch. Nur sollte es vollkommen klar sein, dass dieser Bonus, wenn er denn im Dienst erworben wurde, auch nur im Dienst wieder eingesetzt werden kann. Und so sieht es ja auch der Beschluss des Ältestenrats des Bundestags von 1997 vor. Deshalb ist es klarer Missbrauch, wenn Abgeordnete dienstliche Bonusmeilen für Urlaubsflüge nutzen. Erst recht, wenn sie an Verwandte oder Freunde weitergegeben werden. Sie verstoßen damit gegen verbindliche Regeln. Obendrein ist es unanständig. Zum einen gegenüber den Abgeordneten-Kollegen, die sich korrekt verhalten. Vor allem aber gegenüber all denen, die die Flüge der Parlamentarier mit ihren Steuergeldern finanzieren und deshalb für diese Mauscheleien einiger Politiker keinerlei Verständnis aufbringen. So sinnvoll die Fliegerei der Abgeordneten auch sein mag, sie ist ein Privileg, das mit dem Mandat verbunden ist - nicht etwa mit der individuellen Person des Abgeordneten. Das scheint mancher zu verwechseln. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob Cem Özdemir und Gregor Gysi bedauerliche Einzelfälle oder leider doch repräsentativ für ihre Kollegen sind.