Visa-Affäre: Außenminister übernimmt “politische Verantwortung“. Merkel: Er wälzt die Schuld ab!

Berlin. Bundesaußenminister Joschka Fischer hat sein Schweigen in der Affäre um massenhaften Mißbrauch von Einreise-Visa beendet und Fehler eingeräumt - in seinem Ministerium und auch persönlich. "Ich stehe zu den Fehlern, die gemacht wurden. Es sind Fehler des Hauses oder meine Fehler dann als Minister", sagte er in der ARD. Fischer erklärte sich bereit, so schnell wie möglich vor dem Visa-Untersuchungsausschuß des Bundestags auszusagen. Die Union stellte gestern auch die Frage nach der politischen Verantwortung von Bundeskanzler Gerhard Schröder.

Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel warf Fischer vor, die Verantwortung auf seine Mitarbeiter abzuwälzen. "Er spricht von politischer Verantwortung, übernimmt sie aber nicht. Der Erlaß, um den es geht, ist von ihm persönlich abgezeichnet." Unions-Ausschuß-Obmann Eckhard von Klaeden sagte: "Minister Fischer ist nicht Täter durch Unterlassen, sondern Täter durch Handeln." Klaeden bezweifelte Fischers Aussage, wonach er erst im Zuge der Vorbereitungen des Untersuchungsausschusses von massenhaftem Mißbrauch erfahren habe. "Nach meiner Lebenserfahrung ist das glatt gelogen."

Der Außenminister rechtfertigte den von ihm unterzeichneten Erlaß vom März 2000, der den Ermessensspielraum bei der Visa-Vergabe erweiterte. Etwa eine Million Menschen reisten dann bis 2004 über Kiew nach Deutschland ein. Die Union will klären, inwieweit es einen Zusammenhang zwischen dem Erlaß und Schleuserkriminalität sowie Zwangsprostitution gibt und ob das Außenministerium frühzeitige Warnungen aus dem Innenressort ignorierte. Der ehemalige Staatsminister im Auswärtigen Amt, Ludger Volmer, hatte am Wochenende in Folge der Affäre alle politischen Ämter niedergelegt.

Merkel fragte auch nach Schröders Rolle: "Warum hat der Bundeskanzler dem zugesehen, warum hat er nicht eingegriffen, warum hat er die Sache so schleifen lassen?" Die Union wolle dafür sorgen, daß sich keines der betroffenen Regierungsmitglieder vor seiner persönlichen Antwort werde drücken können.

Wie die Grünen stellte sich auch Schröder hinter den Außenminister. Fischer habe sein "volles Vertrauen und volle Unterstützung auch der gesamten Koalition".