Der Übervater der CSU, ihr heutiger Chef Seehofer und eine Watsch'n per SMS: Das sind die Ingredienzen eines Skandälchens in der CSU. Die kurzzeitige Generalsekretärin Haderthauer hatte ausgesprochen, was viele denken: Als Vorbild für die heutige Politikergeneration taugt Strauß nicht mehr.
München. Mit öffentlichen Zweifeln am CSU-Übervater Franz Josef Strauß hat Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer die Parteispitze in helle Aufregung versetzt. Strauß sei "superinteressant und imponierend und faszinierend", sagte sie dem Ingolstädter Regionalsender Radio IN aber als "Vorbildpolitiker" habe sie ihn nicht empfunden.
Damit hat sie nur ausgesprochen, was viele in der CSU hinter vorgehaltener Hand zugeben: Einen Politikstil à la Strauß mit einer drei Jahrzehnte anhaltenden Serie von Affären könnte sich heute kein CSU-Politiker mehr leisten. Doch im Jahr von Europa- und Bundestagswahl ist die Nervosität in der CSU-Landesleitung groß.
Generalsekretär Alexander Dobrindt als Sprachrohr von CSU-Chef Horst Seehofer erteilte Haderthauer eine scharfe Rüge: "Bei manchen Politikern würde man sich durchaus wünschen, dass sie sich manchmal Franz Josef Strauß mehr zum Vorbild nehmen würden", sagte er. "Strauß ist der Architekt des modernen Bayern".
Seehofer äußerte sich nicht öffentlich, schickte seiner Sozialministerin aber laut "Münchner Merkur" eine empörte SMS. Als eine seiner ersten Amtshandlungen nach der Wahl zum Ministerpräsidenten hatte Seehofer die vom Vorgänger Günther Beckstein in den Keller der Staatskanzlei verfrachtete Strauß-Büste wieder in seinem Büro aufstellen lassen.
Als Beckstein die Macht im Herbst 2007 übernahm, konnte er es sich noch leisten, den Gips-Strauß zu verbannen. Aber nach dem Debakel bei der Landtagswahl, das Beckstein den Ministerpräsidentenstuhl kostete, möchte Nachfolger Seehofer am liebsten jeden einzelnen entlaufenen CSU-Wähler wieder einfangen.
Daher reaktivierte er auch die in Ungnade gefallene Strauß-Tochter Monika Hohlmeier als Kandidatin auf der Europaliste. Haderthauer versuchte, den Schaden zu begrenzen: "Für mich ist klar: Franz-Josef Strauß hat Einzigartiges geleistet, für Bayern, die CSU und Deutschland." Dazu brauche sie keinen Nachhilfeunterricht. "Gerade die Bewunderung für FJS, seine charismatische Kraft und sein Intellekt waren für mich persönlich der Grund, 1984 mit 21 Jahren in die CSU einzutreten."
Sie habe in dem Interview ihre Einschätzung wiedergegeben, dass wegen des gesunkenen Ansehens der Politik insgesamt Politiker unter diesen Vorbildern nicht mehr auftauchten. "Mich in einen Gegensatz zu Strauß zu stellen ist deshalb falsch."
Ungeachtet aller Strauß-Verehrung glaubt kein CSU-Politiker heute ernsthaft, noch so selbstherrlich wie Strauß agieren zu können. Seehofer will einerseits die CSU zur "modernsten und frischsten" Partei Deutschlands machen, andererseits das Strauß-Erbe wahren. Manche in der CSU zweifeln im Stillen, ob das miteinander vereinbar ist.