Oberbayern, Schwaben, Niederbayern wollen neuen Parteichef Seehofer auch als Landesvater.
München. Im CSU-internen Wettstreit um die Nachfolge von Bayerns Ministerpräsidenten Günther Beckstein hat es bei einem Spitzentreffen in Rott am Inn offenkundig keine schnelle Einigung auf einen Kandidaten gegeben. Inhalt des Gesprächs sei nur das Prozedere für die nächsten Tage gewesen, war am Freitag aus CSU-Kreisen zu erfahren.
An dem Treffen nahmen der scheidende CSU-Chef Erwin Huber und die drei Bewerber um Becksteins Posten teil: der designierte Parteivorsitzende Horst Seehofer, Bayerns Wissenschaftsminister Thomas Goppel und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. Das Gespräch fand unmittelbar nach dem Gedenkgottesdienst zum 20. Todestag des langjährigen CSU-Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß statt.
Das Feld der Kandidaten hatte sich am Freitag gelichtet: Der CSU-Fraktionschefs im Münchner Landtag, Georg Schmid, hatte seinen Verzicht erklärt.
Und Seehofer hatte erklärt, er werde nur antreten, wenn es keine breite Mehrheit für einen der Bewerber aus der Landtagsfraktion gebe. Allerdings mehren sich inzwischen die Stimmen dafür, die Ämter des CSU-Chefs und Ministerpräsidenten unter Seehofer wieder in einer Hand zu vereinen, wie es einst unter Edmund Stoiber der Fall war. Erst am Donnerstag hatten sich die Vorsitzenden der beiden großen Parteibezirke Oberbayern und Schwaben, Kultusminister Siegfried Schneider und der Europaabgeordnete Markus Ferber, für eine solche Lösung ausgesprochen. Dagegen hat sich Alois Glück, einer der einflussreichsten CSU-Politiker, gegen Horst Seehofer ausgesprochen. Glück, Chef der CSU-Grundsatzkommission, erinnerte im Gespräch mit der "Rheinischen Post" daran, dass es auch die Position des designierten neuen CSU-Chefs Seehofer stets gewesen sei, dass der Parteivorsitzende aktiv in der Bundespolitik mitwirken müsse. Glück fuhr fort: "Deshalb spricht alles dafür, dass er Parteivorsitzender wird und in der Bundespolitik bleibt." Ähnlich äußerte sich der Berliner CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer. "Es gibt eine uralte Regel in der CSU, nämlich dass der Parteivorsitzende in der Hauptstadt ist", sagte Ramsauer in der ARD. Auch der Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Hartmut Koschyk, vertrat diese Position im Deutschlandfunk: "Keiner verkörpert gerade den bundespolitischen Anspruch der CSU besser als Horst Seehofer."
Wie indessen bekannt wurde, gibt es aber auch in der CSU Niederbayern eine klare Tendenz für Seehofer. Ein Sprecher bestätigte einen entsprechenden Bericht des "Straubinger Tagblatts". Auch der Bezirksvorsitzende und Europaparlamentarier Manfred Weber sprach sich für die Vereinigung beider Ämter in einer Hand aus. Der stellvertretende oberpfälzische Bezirkvorsitzende Markus Sackmann plädierte in der "Mittelbayerischen Zeitung" ebenfalls für Seehofer als Ministerpräsident.
Indessen suchte die geschundene CSU Trost am Grab des Übervaters Franz Josef Strauß. Strauß ist mittlerweile seit zwanzig Jahren tot - Grund genug für ein ordentliches Parteiamt samt Kult und Folklore an seinem Grab. Die Kirchenbänke füllen sich rasch, bald wird es schwierig, Gewesene und Zukünftige der Partei zu unterscheiden: Seehofer, Stoiber, Huber, Herrmann, Glück, Haderthauer, Goppel, Söder, und natürlich Monika Hohlmeier, Tochter des CSU-Übervaters. "Nur der Beckstein is ned do", raunt ein Einheimischer im Trachtenanzug. Der zurückgetretene Landeschef fehlt.
Die Worte des Münchner Erzbischofs Marx, der die Messe zelebrierte, hätten den geschassten Franken wohl ein wenig aufgebaut. "Gerade in diesen turbulenten Tagen sollten wir nicht in eine Politikerschelte verfallen", ruft Marx den rund 500 Gottesdienstbesuchern zu. Das Gemeinwesen könne nur stark sein, wenn es Menschen gebe, "die auch im Sturm stehen". Noch-Parteichef Erwin Huber zeigt sich beim anschließenden Empfang dankbar für den geistlichen Zuspruch: "Das tut unserer geschundenen Seele schon sehr gut."
Der Erzbischof belässt es indes nicht bei der Warnung vor Politikverdrossenheit, sondern ruft die Menschen und gerade die Christen zu gesellschaftlichem Engagement auf. Das Gemeinwesen dürfe nicht jenen überlassen werden, die keine Prinzipien hätten - kein "primitiver Kapitalismus", kein Kommunismus. Lobende Worte auch für Franz Josef Strauß, den Marx als "große geschichtliche Gestalt" würdigt. Seine realistische Sicht auf die Menschen habe "etwas zutiefst Christliches" gehabt.
Nach dem Gang zur Familiengruft, der von den drei Strauß-Kindern angeführt wird, würdigt auch der erschöpft wirkende Huber die Verdienste des großen Vorsitzenden. Er wünsche sich, "dass sein Werk in uns wach bleibt".
Den Umbruch in der CSU, den die Medien als Chaos und Machtkampf interpretieren, bezeichnet der Niederbayer als "ganz normalen, vernünftigen und demokratischen Prozess". Fast flehentlich hingegen wirkt Hubers Appell, die vom Wähler abgestrafte Partei möge "im Geist des Verstorbenen" zu neuer Gemeinschaft finden.