Von Weihnachtsfrieden keine Spur. Keine zwei Monate nach seinem Start als CSU-Chef und Ministerpräsident verdirbt Horst Seehofer mehreren Parteifreunden die besinnliche Adventszeit.
Vor allem die Hau-Ruck-Inthronisierung von Strauß-Tochter Monika Hohlmeier als Europa-Kandidatin in Oberfranken bringt viele Kritiker gegen Seehofer auf. Hinzu kommen Frontalangriffe gegen Europagruppenchef Markus Ferber sowie Kritik an Landesgruppenchef Peter Ramsauer und Bundeswirtschaftsminister Michael Glos. Seehofer, als Heilsbringer nach München geholt, sorgt bei vielen in der CSU mittlerweile für Kopfschütteln, bei anderen für massiven Zorn.
Besonders Teile der Parteibasis in Oberfranken kochen. "Die Volksseele ist entsetzt", sagt ein oberfränkischer Abgeordneter. Überfallartig installierten Seehofer und sein Generalsekretär Karl- Theodor zu Guttenberg dort die umstrittene Oberbayerin Hohlmeier als Europa-Kandidatin. "Das war ein Befehl, und Befehle sind nicht gut", mosert ein bekannter CSU-Politiker. "Das passt nicht zum neuen Stil." Mehrere prominente Parteimitglieder glauben, dass die Hohlmeier-Kür ein Fehler Seehofers war. Der 59-Jährige hatte eine neue Dialogkultur versprochen. Doch der Dialog erinnert an Gespräche des Fuchses mit den Hühnern, wie auch mehrere CSU-Landtagsabgeordnete einräumen.
Guttenberg, der auch oberfränkischer Bezirksvorsitzender ist, rechtfertigt die Hohlmeier-Kür als einzige Möglichkeit, einen sicheren Listenplatz für Oberfranken auf der Europa-Liste zu bekommen. Im Bezirksvorstand gab es zwar Widerspruch, der Beschluss selbst war aber am Ende einstimmig.
Jetzt, so berichten oberfränkische Abgeordnete, glühen bei der CSU vor Ort die Telefondrähte. Reihenweise gehen wütende Protest-Mails ein. Doch sind die Oberfranken gespalten. "Für mich gibt es keine Alternative", sagt der ehemalige Innenstaatssekretär Jürgen Heike zur Hohlmeier-Kandidatur. "Zumindest hat niemand, der Kritik äußert, bisher eine bessere Idee geäußert."
Doch mit der Kandidatur Hohlmeiers allein ist es noch nicht genug. Unklar ist, ob Seehofer Hohlmeier nicht als "Zugpferd" auf Platz eins der Liste setzen will. Der Parteichef sagt dazu nichts - hat aber Europagruppenchef Markus Ferber offen brüskiert, der seinen Führungsanspruch bekräftigte. Manchen sei der eigene Listenplatz wohl wichtiger als der Erfolg, ätzte Seehofer.
Und auch der Berliner Landesgruppenchef Peter Ramsauer leidet. Im Parteivorstand vergangene Woche musste er sich von Seehofer Kritik anhören. Und am Wochenende kursierten Medienberichte, der CSU-Chef wolle Ramsauer nicht als Spitzenkandidat in die Bundestagswahl schicken. Ramsauer zeigte sich irritiert. "Die Personalie gibt's nicht", sagte er am Dienstag. "Ich springe nicht über jedes Stöckchen, das hingehalten wird." In der Münchner Landtagsfraktion macht aber die Vermutung die Runde, Generalsekretär Guttenberg solle - auch als Dank für die erfolgreiche Hohlmeier-Kür - auf Platz eins der Bundestags-Liste gesetzt werden. Damit könnte er nach der Bundestagswahl Michael Glos als Bundeswirtschaftsminister beerben.
Seehofers Ziel, das räumen auch die kritischen Stimmen ein, ist klar: Nach dem historischen Absturz bei der Landtagswahl muss er die CSU bei der Europa- und bei der Bundestagswahl unter allen Umständen zum Erfolg führen. Dazu müsse Seehofer, so meint ein Landtagsabgeordneter, möglichst schnell erfolgversprechendes Personal präsentieren. Möglichst rasch deshalb, weil er derzeit noch mehr Freiheiten habe als in einigen Wochen.
Das erste Ziel 2009 steht fest: Mindestens fünf Prozent der Stimmen muss die CSU bei der Europawahl im Juni bundesweit holen, um nicht aus dem Europäischen Parlament zu fliegen. Sollte dies nicht gelingen, wäre dies für die einst erfolgsverwöhnte Partei die endgültige Katastrophe.