Der Vizepräsident der EU-Kommission, Industriekommissar Günter Verheugen, fordert eine transatlantische Lösung für den angeschlagenen Autobauer...

Brüssel/Hamburg. Der Vizepräsident der EU-Kommission, Industriekommissar Günter Verheugen, fordert eine transatlantische Lösung für den angeschlagenen Autobauer Opel.


Hamburger Abendblatt:

SPD-Chef Müntefering drängt Kanzlerin Merkel zum Staatseinstieg bei Opel. Der richtige Weg zur Rettung des angeschlagenen Autoherstellers?

Günter Verheugen:

Bevor wir nicht wissen, was aus dem Mutterkonzern von Opel wird, kann niemand eine Entscheidung treffen. Klar ist: Eine rein deutsche Lösung wäre nicht möglich.



Abendblatt:

Sondern?

Verheugen:

Es kann eine Lösung nur im europäischen Verbund und mit aktivem Engagement von General Motors geben. Zum Beispiel müssen die Eigentumsfragen, etwa die Patente, geklärt sein. An dem neuen europäischen Unternehmen muss GM beteiligt sein und sein weltweites Netz aktiv einbringen. Das sind die Grundvoraussetzungen dafür, dass überhaupt Investoren gefunden werden können, die auch langfristig bei der Stange bleiben.



Abendblatt:

Und der Staat?

Verheugen:

Wenn potenzielle Investoren staatliche Bürgschaften brauchen, sollte man das nicht ausschließen. Ich persönlich glaube, dass die skizzierte transatlantische Lösung ein Unternehmen schaffen kann, das im Markt sehr gute Chancen hat.



Abendblatt:

Was sagen Sie jenen, die eine Insolvenz ins Auge fassen?

Verheugen:

Von GM hängen in Europa alles in allem 300 000 Arbeitsplätze ab. Angesichts dieser Größenordnung ist jedes Gerede über Insolvenz grob fahrlässig.



Abendblatt:

Die Bundesregierung hat die Abwrackprämie verlängert. Fluch oder Segen für die deutsche Autoindustrie?

Verheugen:

Die deutsche Abwrackprämie ist ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen die Krise, denn sie funktioniert. Das wird europaweit anerkannt, denn die positiven Auswirkungen spürt man überall in Europa und in zahlreichen anderen Branchen. Keine Industrie ist so sehr europäisch vernetzt wie gerade die Automobilindustrie. Ich bin sehr froh darüber, dass die Deutschen diese Entscheidung getroffen haben.



Abendblatt:

Sollte die Prämie auf weitere Gebrauchsgegenstände - Kühlschränke etwa - ausgeweitet werden?

Verheugen:

Das ist etwas, wo sich meines Erachtens die Hersteller etwas einfallen lassen sollten. Der Kampf gegen die Krise ist nicht Sache des Staates allein. Die Wirtschaft darf auch eigene Ideen haben.



Abendblatt:

Halten Sie in Deutschland und anderen europäischen Ländern weitere Konjunkturpakete für notwendig?

Verheugen:

Ich halte es für klüger, jetzt erst einmal die Wirkung des bereits Beschlossenen abzuwarten. Erst dann kann man sinnvoll darüber reden, ob weitere Maßnahmen notwendig sind.