Der Ministerpräsident muss eine Geldstrafe und Schmerzensgeld an den Witwer zahlen. Das Urteil heizt erneut die Debatte an, ob Althaus im Amt bleiben sollte.Bilder von Dieter Althaus.

Hamburg/Erfurt. Erstaunlich schnell ging es am Ende: Nur einen Tag nach der Anklageerhebung und nach gut einstündiger Verhandlung gab es am Bezirksgericht im österreichischen Irdning bereits ein Urteil gegen den thüringischen Ministerpräsidenten Dieter Althaus (CDU). Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Althaus am Neujahrstag die Skifahrerin Beata Christandl fahrlässig getötet hat. Althaus akzeptierte den Richterspruch. Er hält sich weiterhin wegen seines beim Skiunfall erlittenen Schädel-Hirn-Traumas in einer Rehaklinik am Bodensee auf. In seiner Abwesenheit wurde er gestern Nachmittag zu 33 300 Euro Geldstrafe und Zahlung von 5000 Euro Schmerzensgeld an den Witwer verurteilt.

Althaus gab über die Staatskanzlei folgende Erklärung ab: "Ich stehe zu meiner Verantwortung, die sich aus der Rekonstruktion des Unfallhergangs ergibt, auch wenn ich mich an den Skiunfall am Neujahrstag nicht erinnern kann. Wichtig ist mir, dass sich zumindest der materielle Ausgleich gegenüber den Hinterbliebenen von Beata Christandl nicht verzögert. Ich hoffe, dass der zügige juristische Abschluss des Skiunfalls auch den Interessen der Angehörigen dient und die Würde von Frau Christandl wahrt."

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Christoph Matschie forderte von Althaus eine Entscheidung, ob er im Amt bleiben wolle: "Dieter Althaus muss jetzt mit sich selbst ausmachen, wie es weitergeht. Diese Entscheidung kann ihm niemand abnehmen. Wichtig ist, dass Thüringen in dieser Frage Klarheit bekommt."

Die CDU Thüringen plant indes offiziell weiter mit Althaus als Spitzenkandidaten bei der Landtagswahl am 30. August. Der 50-Jährige soll am 14. März von der Landesvertreterversammlung in Abwesenheit nominiert werden. Das bestätigte der Fraktionsvorsitzende Mike Mohring. "Wir haben uns von Anfang an darauf eingestellt, dass es auch zu einer Verurteilung kommen könnte", sagte Mohring dem Abendblatt. "Das Urteil schafft Klarheit hinsichtlich der rechtlichen Einordnung und beendet Spekulationen." Nach deutschem Recht sei Althaus damit "nicht vorbestraft". Auf die Politik habe das Urteil keinen Einfluss: "Es gibt keine politische Kategorie, in die man dieses Urteil einordnen kann. Der Politiker Althaus bleibt davon unbelastet", so Mohring.

"Wir halten an Dieter Althaus fest und sind sehr zuversichtlich, dass er bald wieder voll genesen ist", betonte auch die Landtagspräsidentin und frühere Kandidatin für das Amt der Bundespräsidentin, Dagmar Schipanski (CDU), gegenüber dem Abendblatt. Schipanski gilt neben dem früheren Ministerpräsidenten Bernhard Vogel zum inneren Führungszirkel der Landespartei. Der Spitzenkandidat der Linken, Bodo Ramelow, zeigte sich indes verwundert über das schnelle Verfahren: "Ich bin befremdet über die Art des Gerichtsverfahrens. Ich wusste nicht, dass es in der österreichischen Justiz Turboverfahren gibt. Das macht mich sprachlos", sagte er dem Abendblatt. "Ich frage mich, ob die Justiz bei den normalen Bürgern in Österreich genauso gehandelt hätte wie jetzt bei Dieter Althaus. Diese seltsamen Verfahrensumstände kann ich aber nicht Dieter Althaus anlasten."

Sollte Althaus eine politische Konsequenz aus dem Urteil ziehen und zurücktreten oder schlicht nicht rechtzeitig wieder gesund werden, dann geht der Landesverband noch schweren Zeiten entgegen. Althaus hat die CDU nach dem Ausscheiden des früheren Landesvaters Bernhard Vogel ganz auf seine Person ausgerichtet, keinen potenziellen Nachfolger aufgebaut.

Die Partei vermeidet seit dem Unfall jede öffentliche Debatte über personelle Alternativen. Und doch werden hinter den Kulissen Namen genannt und diskutiert. Dabei gilt es nach Abendblatt-Informationen als ausgeschlossen, dass der inzwischen 77-jährige Bernhard Vogel für Althaus einspringen könnte. Der Ministerpräsident a. D. zieht zwar weiter die Strippen und hat noch ein Büro im Landtag, würde aber mit einer Kandidatur sein eigenes Denkmal gefährden. Als geeignete Ersatzkandidatin für Althaus gilt Schipanski, die als Landtagspräsidentin ein hohes Ansehen genießt. Außerdem werden immer wieder Finanzministerin und Althaus' Stellvertreterin Birgit Diezel, Sozialministerin Christine Lieberknecht und Mike Mohring genannt.