Der Wahlkampf fordert sein erstes Opfer: Außenminister Frank-Walter Steinmeier büßt seinen Bindestrichvornamen ein. Freunde nennen ihn seit Langem nur “Frank“. Das wird nun zur Strategie seiner Partei: hemmungslose Entwalterung. Eine Glosse.
Hamburg/Berlin. Das ist Wahlkampf pur: radikal, offensiv, brachial, innovativ. Mit dem brutalstmöglichen Angriff auf den politischen Gegner und in uneingeschränkter Solidarität mit dem Kanzlerkandidaten hat die SPD erstmals in ihrer fast 146-jährigen Geschichte einen Vornamen gestrichen: Walter.
Bislang war es in der Sozialdemokratie so: Frauen kriegen Doppelnamen, Männer neue Frauen und bisweilen auch deren Namen hinten angehängt. Siehe Thorsten Schäfer-Gümbel, ein Name, bei dem im Rechtschreibprogramm von Microsoft Word die I-Punkte vor Lachen hüpfen.
Und nun büßte Frank-Walter Steinmeier seinen zweiten Vornamen ein. Für die Freunde, für die SPD, für Deutschland. Dreimal nannte SPD-Chef Franz Müntefering den Außenminister "unseren Kanzlerkandidaten Frank Steinmeier". Da hat die Deutsche Presse-Agentur amtlich mitgezählt. Dreimal hatte im Übrigen auch Petrus seinen Anführer Jesus verleugnet.
Auch Hubertus Heil ließ bei der "Berlinale", dem Mekka der umfrageschwachen Sozis, den "Walter" weg, als er von Steinmeier sprach. Hubertus klingt irgendwie auch biblisch.
Da ist was im Schwange in der SPD, und wir kommen noch dahinter. Es ist die gewaltsame Entwalterung einer blutroten, einer großen Partei, die bedeutende Vorsitzende hatte, die Ebert (Friedrich) oder Brandt (Willy) hießen und andere, die Saumagen verachten und Schnüffel liebten. Für die Ferkel unter den Gourmets: Schnüffel sind Schweinenasen. Der Mann hieß Beck und war dann schnell mal weg. Dann kam er: der Entwalterte.
Steinmeier selbst sagte: "Alle Freunde, die mich von früher her noch aus Niedersachsen kennen, rufen mich sowieso nur Frank." In den Berliner Jahren seiner Karriere sei der Walter häufiger hinzugefügt worden.
Aber Walter ist ein urdeutscher, ein Name für einen ganz Großen, eine Geisteskapazität: Walter Jens, Walter Kempowski, Mein Gott Walter (Mike Krüger). Den zweiten Vornamen zu streichen wenn das mal kein Fehler ist, liebe Sozialdemokraten. Dafür kann einen der Wähler ganz schön abwaltern.