Ruhe zu Pfingsten: Schriftsteller Günter Grass will zu seinem neuen politischen Gedicht nichts sagen. Auch Politiker hüllen sich in Schweigen.
Lübeck/Berlin. Literaturnobelpreisträger Günter Grass (84) will sein neues Gedicht zu Europas Griechenland-Politik nicht weiter kommentieren. „Er möchte es nicht ergänzen“, sagte seine Sprecherin Hilke Osohling am Samstag der Nachrichtenagentur dpa. Alles, was er zu sagen habe, stehe in dem Gedicht. Ein Echo aus der politischen und kulturellen Welt in Deutschland und Griechenland auf das 24-zeilige Gedicht blieb bislang aus.
In dem von der „Süddeutschen Zeitung“ am Samstag veröffentlichten Werk mit dem Titel „Europas Schande“ beklagt Grass unter anderem, Griechenland werde „als Schuldner nackt an den Pranger gestellt“ und „unter Schrottwert taxiert“. Mit seinem Gedicht ist Grass auch im Originalton zu hören – er hat es exklusiv für Radio Bremen vorgelesen. Auch die griechische Zeitung „Kathimerini“ druckte die Verse am Samstag – kommentarlos.
+++ Grass-Gedicht zu Griechenland: "Europas Schande" +++
Vor knapp zwei Monaten war Grass wegen seines israelkritischen Gedichts „Was gesagt werden muss“ scharf angegriffen worden. Ihm wurde Antisemitismus vorgeworfen, Israel erklärte den Autor zur unerwünschten Person. Grass sah eine Kampagne gegen sich.
+++ In "Europas Schande" rechnet Grass mit Europas Griechenland-Politik ab +++
Günter Grass war mit seinem Roman „Die Blechtrommel“ (1959) weltbekannt geworden. 1999 erhielt er den Literaturnobelpreis. Grass galt lange als moralische Instanz in Deutschland. Sein spätes Eingeständnis (2006 in seinem autobiografischen Werk „Beim Häuten der Zwiebel“), dass er kurz vor Kriegsende bei der Waffen-SS war, brachte ihm jedoch den Vorwurf ein, viel von seiner moralischen Glaubwürdigkeit verspielt zu haben.
(dpa)